Spanien: Kongress beschließt Amnestie für Separatisten
Der spanische Kongress hat das umstrittene Amnestiegesetz verabschiedet. Damit werden die meisten Aktionen entkriminalisiert, die in Katalonien im Namen der Ausrufung der Unabhängigkeit begangen worden sind, insbesondere die Durchführung des Unabhängigkeitsreferendums 2017. Die Amnestie war Teil des Deals der Regierungskoalition mit den katalanischen Separatisten, die die Koalition unterstützen.
Unmoralisch und kontraproduktiv
El Mundo wettert:
„Die Amnestie, die der Kongress gestern mit einer hauchdünnen Mehrheit von sechs Abgeordneten verabschiedet hat, ist nicht nur unmoralisch in ihrer Grundmotivation - Tausch von Straffreiheit gegen Macht -, sondern erweist sich auch als nutzlos für die beiden Ziele, die sich der Premier nach den Parlamentswahlen vom 23. Juli gesetzt hat: Das Gesetz bringt keine Eintracht, sondern errichtet eine Mauer der Zwietracht und es garantiert der Regierung nicht einmal ein Minimum an Stabilität. ... Das Szenario, das sich nun auftut, ist unvorhersehbar. ... Spanien vertieft die Instabilität, die im separatistischen, gespaltenen und verarmten Katalonien seit zehn Jahren herrscht.“
Auch nach der Diktatur gab es eine Amnestie
El País erinnert an den Sinn der Gewaltenteilung:
„Die Richter werden die Amnestie anwenden müssen. Sie werden separatistische Gefangene freilassen, Strafregister löschen, von Haftbefehlen absehen und Exilanten zurückkehren lassen. Dazu sind sie verpflichtet, denn im Text steht, dass die Legislative 'die Kriterien für die Inanspruchnahme der Amnestie' festlegt und die Judikative 'die konkreten Personen' bestimmt. Das nennt man Gewaltenteilung in einer Demokratie: Kein Richter darf Gesetze erlassen, kein Abgeordneter Urteile fällen. ... Wer die Amnestie als Werk ihrer eigenen Nutznießer kritisiert, hat keine Ahnung von Geschichte. Auch die [als vorbildlich geltende] Amnestie von 1977 [nach Ende der Diktatur] wurde von Politikern ausgearbeitet, die selbst stark davon profitiert haben.“
Verkappte Verfassungsreform zum Machterhalt
ABC glaubt, geheime Absichten der Regierung zu erkennen:
„Die Juristen des Senats bezeichnen das von der Regierung und ihren Partnern vereinbarte Verfahren als eine verkappte Verfassungsreform. So ein Vorhaben sollte klar durch einen Antrag auf Verfassungsänderung durchgeführt werden. ... Politisch gesehen fordert der Text auch Maßnahmen der öffentlichen Kommunikation, die notwendig seien, um eine vermeintliche gesellschaftliche Aussöhnung zu fördern. Kein neutraler Beobachter kann übersehen, dass diese Aussöhnung nichts anderes als ein Alibi für diejenigen ist, die sich an der Macht halten wollen.“