Assange darf noch einmal in Berufung: Was heißt das?
Der britische High Court erkennt keine genügenden Zusicherungen, dass sich Julian Assange bei einem Verfahren in den USA auf die Meinungsäußerungsfreiheit berufen kann. Diese wollen Assange wegen der Veröffentlichung geheimer Dokumente den Prozess machen. Nun darf der Wikileaks-Gründer erneut in Großbritannien gegen seine Auslieferung in Berufung gehen. Kommentatoren debattieren, wie es mit dem Fall weitergehen könnte und sollte.
Absprache rückt näher
Hinter den Kulissen tut sich etwas, schreibt Corriere della Sera:
„Ende März berichtete das Wall Street Journal über eine Einigung mit dem US-Justizministerium, die eine Freilassung von Assange ermöglichen und der Regierung Biden die Auseinandersetzung mit einer unangenehmen Angelegenheit ersparen würde. ... Gemäß der Vereinbarung müsste sich der Wikileaks-Gründer in einem geringfügigeren Anklagepunkt schuldig bekennen, nämlich, was die ungenügende Behandlung geheimer Informationen betrifft. Assange könnte diesen Schritt vor Ort tun, ohne die USA zu betreten. Die Londoner Haft – fünf Jahre – würde auch auf die Verurteilung in den USA angerechnet. Dies würde es dem Aktivisten ermöglichen, das Gefängnis zu verlassen, ohne eine erneute Verhaftung befürchten zu müssen.“
Auslieferung wäre Todesstoß für Pressefreiheit
Auch The Spectator hofft, dass dem Ersuchen der USA nicht nachgegeben wird:
„Eine Abschiebung würde die lebenswichtige Fähigkeit der Presse in Großbritannien in Gefahr bringen, über ausländische Regime – unabhängig von deren Gesetzen – veröffentlichen zu dürfen, was sie will, solange es den eigenen Gesetzen nicht widerspricht. ... Das liberale Beharren darauf, keinem anderen Staat bei seiner schmutzigen Tätigkeit zu helfen, indem man dessen Dissidenten verhaftet, egal wie freundschaftlich die Beziehungen auch sein mögen, war einst ein lobenswertes Merkmal Großbritanniens. ... Es spricht viel dafür, dass Rishi Sunak ein Gremium einrichten sollte, das unser Auslieferungsgesetz überprüft, um sicherzustellen, dass so etwas in Zukunft nicht mehr passiert.“
Endlich freilassen – auch mit Blick auf die Zukunft
Das ist noch kein Sieg für Assange, betont tagesschau.de:
„Das Team um Julian Assange muss weiter kämpfen, dass der Australier nicht abgeschoben wird. Er hat lediglich Zeit gewonnen. Dieses Verfahren dürfte noch mindestens einige Monate dauern. Es ist bitter, dass Assange diese Zeit im Gefängnis verbringen muss - ohne Urteil - wo er schon seit mehr als fünf Jahren einsitzt. Das, was mit Assange passiert, ist eine Schande. ... Wenn Herausgeber und Journalisten wegen Spionage angeklagt werden, dann ist die freie Presse in Gefahr. Die Schwelle, den nächsten deswegen vor Gericht zu zerren, sinkt. Julian Assange muss freigelassen werden.“