EU-Wahl: Wackelt die Unterstützung für Kyjiw?

Welche politischen Folgen die Stärkung des rechten Lagers im EU-Parlament für die Ukraine hat, ist derzeit noch ungewiss. Denn auch diese ist ein Punkt, in dem die Parteien gespalten sind. Die Kommentatoren von Europas Medien sehen aber eine Tendenz.

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The Spectator (GB) /

Dramatische Schwächung im Zentrum

Das Ergebnis ist keine gute Nachricht für Kyjiw, fürchtet The Spectator:

„Die Europawahl mag belanglos erscheinen, da das EU-Parlament und die künftige Kommission in den Händen derselben zentristischen paneuropäischen Koalition bleiben. ... Aber das ist ein Trugschluss. Hinter der scheinbaren Stabilität in der Summe verbirgt sich eine Menge politischer Umwälzungen auf nationaler Ebene, nicht zuletzt eine dramatische Schwächung der beiden wichtigsten Motoren europäischer Politikgestaltung: Berlin und Paris. Den Europäern, und insbesondere den Ukrainern, könnten die Folgen missfallen.“

Corriere della Sera (IT) /

Moskau freut sich über Erfolg der Rechtsextremen

Das Wahlergebnis ist ein gefundenes Fressen für russische Propaganda, beobachtet Corriere della Sera:

„Die pro-ukrainische Mehrheit hat sich zwar im Wesentlichen gehalten, aber der Vormarsch der extremen Rechten hat in Russland einen Zustand der Euphorie ausgelöst. … Der erste, der sein Glas erhob, war Marat Baschirow, selbsternannter Premier der Volksrepublik Lugansk. … Die Wahlen seien der Beweis dafür, dass die Menschen in Europa nicht gegen Russland kämpfen wollen. Die Niederlagen von Macron und Scholz, so [Russlands Ex-Premier] Dmitri Medwedew, seien 'ein Spiegelbild ihrer untauglichen Politik der Unterstützung der ukrainischen Regierung'.“

Berlingske (DK) /

Bitte keinen Alarmismus!

Nicht nur von Rechtsaußen droht die Unterstützung zu wackeln, merkt Berlingske an:

„Wenn sie die Hilfe für die Ukraine kürzen wollen, müssen wir wachsam sein und uns auch daran erinnern, dass der populistische Pazifismus ebenso die Linke im Griff hat. Schauen Sie sich nur Olaf Scholz an, der sich im Wahlkampf als 'Friedenskanzler' vermarktet hat. Umgekehrt ist nicht jeder auf der rechten Seite von Putins Anliegen überzeugt – insbesondere die Italienerin Giorgia Meloni hat sich als wichtige Unterstützerin der Ukraine erwiesen. Daher darf die Reaktion auf die Wahl zum EU-Parlament nicht aus reinem Alarmismus bestehen. Der EU-Gipfel muss die Ergebnisse richtig interpretieren und auch lernen, auf die Populisten zu hören.“