TV-Duell gegen Trump: Ist Biden noch der Richtige?
Joe Biden und Donald Trump haben sich beim ersten Fernsehduell der US-Präsidentschaftskandidaten heftig attackiert. Biden bezeichnete Trump als Lügner und Verbrecher mit der "Moral einer streunenden Katze". Trump behauptete unbelegt, die Migrationspolitik des "schlechtesten Präsidenten aller Zeiten" habe zu mehr Kriminalität geführt. Europas Presse ist sich einig, dass vor allem Biden nicht überzeugen konnte und fordert Konsequenzen.
Durch echten Mitte-Kandidaten ersetzen
Nach dem TV-Duell hat Kristeligt Dagblad einen Wunsch:
„Vernünftige Menschen in der Demokratischen Partei sollten Biden vor dem Parteitag im August davon überzeugen, dass er sich zurückziehen muss, und dann muss sich die Partei um einen einzigen Kandidaten scharen, der die große, breite Mittelgruppe anspricht: die Wechselwähler. Es ist möglich, dass die aktiveren und woken Mitglieder der Demokratischen Partei einen radikaleren Kandidaten wollen, aber auch sie müssen zur Besinnung kommen. Es stehen größere Dinge auf dem Spiel als Minderheitenrechte, Pronomen und allgemeine Identitätspolitik. Alle vernünftigen Kräfte in den Vereinigten Staaten müssen sich zur Mitte hin sammeln.“
Mutlose Demokraten steuern alles in eine Katastrophe
Man hätte Biden längst in Rente schicken sollen, meint Jutarnji list:
„Das Schlimmste ist, dass man das alles schon vor einem Jahr wusste, als genügend Zeit für die Demokraten war, einen Kandidaten oder Kandidatin zu wählen, der fähig wäre, sich dem böswilligen Trump zu stellen. Stattdessen wollte sich keiner dem Biden-Establishment entgegenstellen und das Label eines 'Verräters' bekommen. Dieses Verhalten ist verantwortlich für die Katastrophe, die sich abzeichnet. Donald Trump ist ein faschistoider Bösewicht, der die amerikanische Demokratie bedroht. ... Sein Sieg wird schlimme Folgen haben, von Washington bis Kyiw und Gaza, und alles nur, weil die Demokraten nicht die Kraft hatten, Biden zu sagen: Joe, danke für alles, aber es wird Zeit für eine neue Generation.“
Partei in der Sackgasse
Die Demokraten haben zu lange darauf spekuliert, dass Trump auf viele Wähler abschreckend wirkt, meint news.bg:
„Wenn sie die Nominierung von Joe Biden zurückziehen, bedeutet das, dass sie die Probleme des Präsidenten anerkennen, die sie lange und bewusst in der Öffentlichkeit geleugnet haben. ... Wenn Joe Biden im Rennen bleibt, besteht die ernste Gefahr, dass der Film, den wir im TV-Duell gesehen haben, in der Wahlkampftour fortgesetzt wird. ... Seit Donald Trump auf der politischen Bühne der USA aufgetaucht ist, haben sich die Demokraten darauf verlassen, dass seine Persönlichkeit zu umstritten ist und dass er sich durch seine Handlungen selbst kompromittiert. Dasselbe Problem fliegt ihnen nun mit Biden um die Ohren.“
Charismatisch wie Omas Tapete
Der Verlauf des Duells nährt die Zweifel an Biden, findet Ilta-Sanomat:
„Biden hustete, suchte nach Worten, starrte mit glasigen Augen in die Kamera und wirkte insgesamt müde und so charismatisch wie Omas verblichene Tapeten. ... Zusätzlich zu seiner Unsicherheit war Biden auch noch viel zu nett zu seinem Gegner. Die größten Waffen des amtierenden Präsidenten – die Abtreibungsfrage und Trumps strafrechtliche Verurteilung – spielten in der Debatte eine untergeordnete Rolle. ... Die Saat des Zweifels an Bidens Führungsqualitäten wurde schon vorher gesät, aber den Reaktionen nach zu urteilen, beginnt sie nun zu sprießen.“
Biden wackelt
Der misslungene Auftritt des Amtsinhabers dürfte die Diskussion um einen Kandidatenwechsel wiederbeleben, glaubt BBC:
„Die Messlatte in diesem Duell hing für den Präsidenten tief und dennoch stolperte er. ... Im August haben die Demokraten ihren Parteitag, wo sie den Amerikanern eine besser ausgearbeitete Vision von Bidens zweiter Amtszeit vorstellen können. Und für September ist ein weiteres Duell geplant, das – so es denn stattfindet – im November in den Köpfen präsenter wäre. ... Für die Demokraten mag das allerdings ein schwacher Trost sein, denn sie dürften sich fragen, ob eine zweite Chance für einen Angriff auf Trump anders ausgehen würde. Und so denkt mancher jetzt vielleicht darüber nach, wie man auf dem Parteitag einen neuen Kandidaten bekommen könnte.“
Abwarten
Für Wprost ist noch alles offen:
„Aus dem Mund des Republikaners kamen eine Fülle von Lügen und Halbwahrheiten, und seine großspurige und leichtfertige Haltung zu den Kriegen in der Ukraine und im Nahen Osten gibt Anlass zur Sorge. ... Doch Joe Bidens Stab könnte ein ernsthaftes Problem haben. ... Schon während der Debatte hieß es, dass Donald Trump in den Augen der Durchschnittsamerikaner als vernünftiger erscheine. ... Joe Bidens Antworten seien zu kompliziert und durch seine Heiserkeit und sein Räuspern schwer zu verstehen. Nach dieser Debatte ist nur eines sicher: Die Frage nach dem Sieg bei den US-Wahlen ist noch offen. Zumal bis zur Abstimmung noch vier Monate verbleiben – in der Politik eine Ewigkeit.“