Iran: Was ist von Präsident Peseschkian zu erwarten?
Der als moderater Reformer geltende Massud Peseschkian ist zum neuen Präsidenten des Irans gewählt worden. Der vor seiner politischen Karriere als Herzchirurg praktizierende Mediziner war zwischen 2001 und 2005 Gesundheitsminister unter Präsident Mohammad Chatami. Beide Politiker stehen für den Wunsch auf Reformen und bessere Beziehungen zum Westen. Europas Presse sieht dafür allerdings wenig Spielraum.
Sensibel für die Bedürfnisse der Schwachen
Warum viele Peseschkian wählten, erklärt La Repubblica:
„Die Angst vor einem autoritären Kurs hat viele dazu veranlasst, diesen aus Mahabad im Nordwesten des Irans stammenden Arzt – mit aserbaidschanischem Vater und kurdischer Mutter - zu wählen, dem es gelungen ist, die oft vergessenen Minderheiten im Konflikt mit der Zentralmacht zu mobilisieren. Er ist keine besonders charismatische Führungspersönlichkeit, aber er wurde nie von Korruptionsvorwürfen berührt, was ihm die Sympathie vieler Menschen einbrachte. Man sieht in ihm eine gewisse Sensibilität für die Bedürfnisse der Schwächsten, die Sensibilität eines Arztes, der in den Kliniken der Provinz arbeitet. Er hatte die Unterstützung historischer Reformisten wie Chatami und Karroubi, spielte aber eher die Rolle eines ausgleichenden Zentristen.“
Wenig Spielraum
Innen- und außenpolitisch bleibt wohl alles beim Alten, so Financial Times:
„Peseschkian ist überzeugter Anhänger des Regimes und hat klargemacht, sich Ayatollah Ali Khamenei zu unterstellen. Man kann davon ausgehen, dass Hardliner sich Reformen widersetzen werden. Die USA und die europäischen Großmächte werden sich nicht leicht dazu überreden lassen, ihre Haltung gegenüber dem Regime zu lockern. Die Erfahrung hat sie gelehrt, dass dieses wohl nicht von seiner aggressiven Unterstützung militanter Gruppen, innenpolitisch hartem Durchgreifen und der Ausweitung seines Atomprogramms ablassen wird. Die Wahl wird nichts an Teherans Unterstützung regionaler Stellvertreter ändern, die als unverzichtbar für die Sicherheitsstrategie der Republik gelten und von den mächtigen Revolutionsgarden kontrolliert werden.“
Der Neue wird nicht aus dem Rahmen fallen
Peseschkian wird sich unterordnen, ist für news.bg klar:
„Der neue iranische Präsident wird sich mit einem institutionellen Gefüge auseinandersetzen müssen, das von den Hardlinern im Madschlis – dem iranischen Parlament – dem Nationalen Sicherheitsrat und dem Ayatollah selbst dominiert wird. Dies ist ein Kräfteverhältnis, in dem Peseschkian nicht die Oberhand gewinnen kann. Im Machtkampf zwischen Präsident und Ayatollah samt dessen institutionellen Ausläufern hat in der iranischen Geschichte stets der Präsident den Kürzeren gezogen, wie die Erfahrungen des Reformators Mohammad Chatami, des Hardliners Mahmud Ahmadinedschad und des gemäßigten Hassan Rohani zeigen. Schon im Wahlkampf hat Peseschkian mehrfach betont, dass er sich an den vom System vorgegebenen politischen Rahmen halten werde.“