Serbien: Lithiumabbau für die EU
In Serbien gibt es erneut Demonstrationen gegen die Wiederaufnahme eines Großprojekts zur Gewinnung von Lithium im Jadar-Tal. Die Regierung Vučić und die EU hatten im Juli ein entsprechendes Abkommen unterzeichnet, mit dem Europa unabhängiger von der chinesischen Batterieproduktion werden soll. Doch vor Ort befürchtet man schwere Umweltschäden.
Plötzlich wird Vučić Europa sympathisch
Europa glänzt wieder einmal mit Doppelmoral, schimpft Evrensel:
„Vučić wird in den EU-Hauptstädten seit langem für sein 'autoritäres Regime', seine 'Freundschaft mit Putin' und seine 'engen Beziehungen zu China' kritisiert. Wenn es jedoch um Lithium geht, werden diese Kritikpunkte in der europäischen Presse unter den Teppich gekehrt. Sobald es um die Interessen von Monopolen geht, werden Themen wie Menschenrechte, Demokratie, autoritäre Regime, der Kampf gegen die globale Erwärmung und der Naturschutz leicht vergessen.“
Wirtschaftsinteressen übertrumpfen Umweltschutz
Die Proteste gegen das Großprojekt werden kaum erfolgreich sein, analysiert Jutarnji list:
„Der Lithiumabbau, der große Mengen an Wasser benötigt, würde ein wunderschönes Tal in eine Wüste verwandeln und hätte unabsehbare Folgen für die Gesundheit. Doch verblassen die ökologischen Argumente angesichts der Tatsache, dass die Lithiummenge aus dieser Mine einen Großteil der europäischen Bedürfnisse für den Bau von Batterien für Elektroautos u.ä. decken würde. ... Dieser Fall ist interessant, da er gut die heutige Situation in der Welt illustriert, in der sich das Großkapital und die Politik nicht von ökologischen Interessen beirren lassen, selbst wenn das Überleben bedroht ist.“
Berlin macht Nationalismus wieder hoffähig
Für die Proteste hat der Balkan-Korrespondent der taz, Erich Rathfelder, vollstes Verständnis:
„Die Bewohner der Region befürchten zu Recht, mit der Zerstörung der Natur ihrer Lebensgrundlage insgesamt beraubt zu werden. Der Widerstand war vor drei Jahren so stark, dass er sogar die Regierung Vučićs ernsthaft gefährdete. Er ließ deshalb das Projekt kurzzeitig fallen. Doch der Deal mit Rio Tinto und Deutsch-Europa ist jetzt wieder da. Die neue Interessenslage weckt bei der serbischen Führung die Ambition, ihre von Nationalismus und undemokratischen Positionen geprägte Politik in Europa hoffähig zu machen. ... Berlin kommt dem Autokraten an wichtigen Punkten entgegen. Die Kritik an der pro-Putin Haltung Serbiens ist hörbar leiser geworden.“