USA: Zweiter Attentatsversuch auf Donald Trump

Auf Ex-Präsident und Präsidentschaftskandidat Donald Trump ist offenbar erneut ein Mordanschlag versucht worden. Personenschützer bemerkten in der Nähe von Trumps Golfplatz in Florida eine Gewehrmündung im Gebüsch und schossen sofort. Der mutmaßliche Täter floh, wurde aber kurz darauf festgenommen. Die Presse analysiert Ursachen und Folgen.

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Jyllands-Posten (DK) /

Die Colts werden weiter rauchen

Jyllands-Posten hat wenig Hoffnung auf eine Änderung des Waffenrechts in den USA:

„Kein amerikanischer Politiker traut sich, etwas gegen die Schießereien zu unternehmen, die die USA plagen ... [Bei den Republikanern] ist nicht viel Veränderungswille zu sehen. Es wäre allerdings eine Illusion zu glauben, die Demokraten wollten gegen Schusswaffen vorgehen. ... Das Bild des mutmaßlichen Täters, gehüllt in die 'Stars and Stripes', ist eine unschöne Erinnerung daran, dass rabiate Polarisierung nicht Trump-Anhängern mit Wikingerhelmen und Gesichtsbemalung vorbehalten ist. Es gibt sie in beiden Lagern. Amerikanische Politiker täten gut daran, die Probleme mit Schusswaffen ernst zu nehmen und sich klar vom Wildwest- und Clint-Eastwood-Erbe zu distanzieren.“

La Vanguardia (ES) /

Das Opfer schießt verbal zurück

La Vanguardia fürchtet nun Trumps Diskurs:

„Der republikanische Kandidat wird versuchen, aus dem Geschehen Profit zu schlagen. Man darf nicht übersehen, dass er bereits zwei Anschläge auf sein Leben erlitten hat. Er ist Opfer, nicht Täter. Trump hat jedoch bereits gezeigt, dass er den schwerwiegenden Vorfall nutzen wird, um seine Gegnerin Kamala Harris anzugreifen, die er einer 'hetzerischen Sprache' bezichtigt hat, als ob sie oder die Demokratische Partei verantwortlich wären. ... In einem knappen Rennen mag das sein gutes Recht sein, und etwas, was andere skrupellose Kandidaten anderswo auf der Welt auch tun würden. Das Drama ist, dass eine Spirale von Vorwürfen die Amerikaner nur in Spannungen, Spaltung und Entfremdung treiben kann.“

Irish Examiner (IE) /

Er hat die politische Atmosphäre selbst vergiftet

Trump selbst hat die Gewaltbereitschaft in den USA immer wieder angeheizt, erinnert Irish Examiner:

„Er verspottete Pelosi nach dem Hammer-Attentat; er forderte, Ladendiebe zu erschießen und illoyale Generäle wegen Hochverrats hinzurichten. Er warnte vor einem 'Blutbad', falls er nicht gewählt würde, und behauptete, dass Menschen ohne Papiere in den USA 'das Blut unseres Landes vergiften'. ... Zu Recht verurteilten Biden und Harris beide Mordanschläge auf Trump und sagten, sie seien froh, dass er in Sicherheit sei. Selbst seine schärfsten Kritiker sollten solche Taten nicht billigen. Aber es ist auch wahr, dass Trump wie ein Ein-Mann-Tschernobyl die politische Atmosphäre vergiftet und der Gewalt einen Freifahrtschein verliehen hat.“

The Economist (GB) /

Erneute Ablenkung vom eigentlichen Wahlkampf

Sicherheitsfragen werden nun vorerst den Präsidentschaftswahlkampf dominieren, meint The Economist:

„Die Aufmerksamkeit und der Medienfokus, die Vizepräsidentin Kamala Harris nach ihrer überzeugenden Debatte gegen Trump vom 10. September genossen hat, werden nun mit einer umfassenden Berichterstattung über den Lebenslauf des Verdächtigen und der Frage konkurrieren, wie ein weiterer Schütze sich dem ehemaligen Präsidenten auf einige hundert Meter nähern konnte, ohne entdeckt zu werden. ... Die große Herausforderung wird darin bestehen, Rechenschaft einzufordern und die Bemühungen um Sicherheit für Trump, Harris und die anderen Kandidaten zu verstärken und dabei gleichzeitig die Politisierung des Anschlagversuchs zu minimieren.“

La Repubblica (IT) /

Gespalten und bis an die Zähne bewaffnet

Wenn Waffenkult auf Extremismus trifft, wird es für Politiker lebensgefährlich, konstatiert La Repubblica:

„Der Wahlkampf wird weiterhin durch das direkte Aufeinanderprallen zweier Lager bestimmt, die zu keinem Einverständnis mehr bereit sind. Experten für psychologische Kriegsführung bei FBI und CIA ringen um eine Antwort auf die Frage 'Wer die Kandidaten erschießen könnte', um neue Anschläge zu verhindern, aber die Antworten entziehen sich ihnen in einer bis an die Zähne bewaffneten Nation mit organisierten Extremisten aller Couleur. … Thomas Crooks, der 20-Jährige, der am 13. Juli aus nächster Nähe auf Trump zielte, hatte keine politische Zugehörigkeit. Sein Profil ähnelt eher dem eines Massenmörders als dem eines politischen Killers.“