Israel und Gaza: Ein Jahr nach dem Hamas-Massaker
Am 7. Oktober 2023 drangen Hamas-Terroristen aus dem Gaza-Streifen nach Israel ein und ermordeten rund 1200 Menschen, etwa 250 Geiseln wurden nach Gaza verschleppt. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive. Infolge des Krieges kam es auf palästinensischer Seite zu einer großen Zahl an Toten und Verletzten. Inzwischen führt Israel auch Krieg gegen die Hisbollah im Libanon. Die Medien machen sich Gedanken zum Jahrestag.
Die Geiseln nicht vergessen
Ohne die Freilassung der Geiseln kann es keinen Frieden geben, betont Helsingin Sanomat:
„Nach Angaben der israelischen Behörden befinden sich noch mehr als 60 lebende Geiseln und die Leichen von etwa 35 Geiseln im Gazastreifen. Auch bei Angriffen und Militäroperationen der israelischen Armee sind Geiseln getötet worden. Anlässlich des Jahrestages werden weltweit Demonstrationen und auch gewalttätige Ausschreitungen erwartet. Pro-palästinensische Gruppen wollen vor allem auf die humanitäre Krise in Gaza aufmerksam machen, die in der Tat schockierend ist. ... Das Gedenken an die Tragödie der Geiseln und ihrer Familien bedeutet jedoch nicht, den Blick von Gaza abzuwenden, denn die Freilassung der Geiseln ist Teil einer gerechten Lösung des Krieges.“
Historische Chance vertan
Die Hamas hat Gaza zerstört anstatt es aufzubauen, erklärt Corriere della Sera:
„Die Hamas hat diesen Krieg begonnen. ... Nicht, um ihr Gebiet zu befreien, denn der Gazastreifen wurde 2005 von einem der historischen Führer der israelischen Rechten, Ariel Scharon, der ihn gewaltsam von jüdischen Siedlern befreite, an die Palästinenser zurückgegeben. Die Hamas kontrolliert ihn seit fast 20 Jahren, nachdem sie ihn in einem blutigen Staatsstreich gegen ihre 'Brüder' von der Fatah übernommen hatte: Sie hätte den Streifen zu einem Modell eines künftigen freien und friedlichen palästinensischen Staates machen können; stattdessen nutzte sie alle Ressourcen, die von Katar und dem Iran, aber auch der Uno und Europa dort hineingesteckt wurden, um das Ziel zu verfolgen, den Staat Israel anzugreifen und zu zerstören.“
Paradigmenwechsel in Nahost
Israel hat seine Militärstrategie grundlegend geändert, betont Die Presse:
„Der 7. Oktober markiert einen Paradigmenwechsel: Seither versucht Israel, seine Feinde nicht nur in Schach zu halten, sondern systematisch auszuschalten. Der Preis dafür ist unerträglich hoch. Mehr als 40.000 Palästinenser, größtenteils Zivilisten, sind im Vergeltungskrieg gegen die Hamas ums Leben gekommen. Am internationalen Pranger steht längst nicht mehr die Terrormiliz, die all das Leid ausgelöst hat, sondern Israel. Doch den Ansehensverlust nehmen Premier Netanjahu und seine extremen Koalitionspartner in Kauf. ... Sie sehen sich in einem Kampf um die Existenz Israels.“
Die Welt hat sich an Krieg gewöhnt
Krieg und einfaches Schwarzweiß-Denken sind in diesem Jahr für die Weltöffentlichkeit zur Normalität geworden, beklagt Rzeczpospolita:
„Die arabische Welt schäumt vor Hass auf Tel Aviv. Benjamin Netanjahus Beweggründe für sein Handeln sind nicht ganz rein. Und auch die Weltöffentlichkeit scheint den 7. Oktober zu vergessen und stellt sich auf die Seite der Araber. Hinzu kommt, dass sie sich dank Putin an Krieg gewöhnt hat. Es wird wirklich gefährlich.“
Dem Gebot der Vernunft folgen
Waffen und Bodentruppen werden Israel nicht weiterhelfen, meint der Tagesspiegel:
„Vielmehr ist diplomatisches Geschick gefragt. Das hat Israel schon einmal an den Tag gelegt: mit den sogenannten Abraham-Abkommen. ... Trotz aller erheblichen politischen Differenzen kamen die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain, Sudan und Marokko mit Israel überein, ihre Beziehungen zu normalisieren. Bei den Unterzeichnern der Abkommen herrschte die Überzeugung, dass sie vor allem wirtschaftlich von einem Miteinander profitieren würden. ... Es ist ein Gebot der Vernunft und strategischer Weitsicht, den vor vier Jahren eingeschlagenen Kurs wieder einzuschlagen.“
Zweistaatenlösung unumgänglich
Einen kritischen Blick auf die israelische Regierung wirft zum Jahrestag des Hamas-Massakers Politiken:
„Einst schien die Idee eines jüdischen Staates in Palästina eine Utopie zu sein. Aber wie Theodor Herzl es selbst in Altneuland ausdrückte: 'Wenn du es willst, ist es kein Traum.' Israel wurde Wirklichkeit. Doch wenn der Staat langfristig als Demokratie mit internationaler Anerkennung und Legitimität bestehen soll, muss in der gleichen Region auch Platz für einen palästinensischen Staat sein.“