Stürme in den USA werden zum Politikum 

Hurrikan Milton ist über Florida hinweggezogen, hat aber weniger Schäden angerichtet als zunächst befürchtet. Vor zwei Wochen verheerte schon Hurrikan Helene den Südwesten der USA. Europas Medien erörtern, wie sehr diese extremen Wetterereignisse den Wahlkampf ums Weiße Haus beeinflussen - und wie sehr sich dabei Politik und Katastrophenschutz vermischen.

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Diena (LV) /

Swing States besonders betroffen

Regionale Wetterereignisse können weiträumig Politik beeinflussen, so Diena:

„Hätten Helene und Milton nur Florida getroffen, könnte das Weiße Haus dies überstehen, denn dieser Staat wird die Demokraten nicht unterstützen. Aber betroffen sind auch Nachbarstaaten, von denen zwei (beide Male die am schwersten beschädigten) – Georgia und North Carolina – das Schicksal der Präsidentschaftswahlen entscheiden werden, weil sie Swing States sind. Offensichtlich werden aufgrund des Kampfes um die Wähler dieser Staaten und um die Wirksamkeit von Trumps Behauptungen zu verringern, übereilte innen- und außenpolitische Schritte unternommen. Der sichtbarste davon ist die Absage des Treffens zur Unterstützung der Ukraine in Ramstein.“

Le Temps (CH) /

Die Zeichen stehen auf Sturm

Wahlen in der Hurrikansaison akzentuieren Amerikas politische Spaltung in der Klimapolitik, analysiert Le Temps:

„Wenn es ein Land gibt, das in der Lage sein sollte, diesen extremen Wetterereignissen standzuhalten, dann sind es die USA. Dennoch werden die Fähigkeiten der größten Weltmacht durch diesen Höllenreigen auf eine harte Probe gestellt, da die Hurrikansaison noch bis Dezember andauern wird, also bis nach den Wahlen am 5. November. ... In dieser für den Planeten existenziellen Frage klafft zwischen den beiden politischen Lagern ein Abgrund. Donald Trump leugnet die globale Erwärmung. ... Während sie darum beten, von Milton verschont zu werden, täten die Bewohner Floridas gut daran, im November ihre Stimme abzugeben, damit der republikanische Hurrikan nicht ins Weiße Haus zieht.“

The Times (GB) /

Politische Schäden noch verheerender

Die Folgen von Milton könnten den Ablauf der Präsidentschaftswahl beeinflussen, befürchtet The Times:

„North Carolina ist einer der sieben entscheidenden Swing States, die den Ausgang der Wahl bestimmen werden. Man stelle sich folgendes Szenario vor: Trump verliert in dem US-Bundesstaat wegen ein paar tausend Stimmen, so wie er im Jahr 2020 in anderen Bundesstaaten verlor. Es stellt sich heraus, dass North Carolina der Schlüsselstaat ist, der Kamala Harris den Sieg beschert. Tausende Trump-Anhänger in abgelegenen Gebieten behaupten, sie hätten nicht wählen können, weil sie ihre Häuser, Besitztümer und den Zugang zu Wahlmöglichkeiten verloren hätten. Der politische Sturm könnte dann noch verheerender sein als der meteorologische.“

Yeni Şafak (TR) /

Alle wollen von Milton profitieren

Beide politischen Lager wollen den Hurrikan für sich nutzen, heißt es in Yeni Şafak:

„Während die Republikaner behaupten, dass die Regierung bei der Hilfe diskriminiert, versuchen die Demokraten zu zeigen, dass sie alle Ressourcen des Staates mobilisieren. Es gibt Beispiele dafür, dass eine starke Reaktion auf zerstörerische Auswirkungen von Stürmen sich bei Wahlen positiv auswirken kann. Obamas Auftritt nach dem Hurrikan Sandy vor den Wahlen 2012 ist ein Beispiel für so eine positive Oktober-Überraschung. Es gab sympathische Bilder mit Obama und dem damaligen republikanischen Gouverneur von New Jersey, Chris Christie. Obama signalisierte damit, dass die Bundesregierung den Auswirkungen des Hurrikans große Aufmerksamkeit schenkte.“

Új Szó (SK) /

Desinformation gefährdet bereits Menschenleben

Új Szó wirft den US-Republikanern vor, den Hurrikan schamlos für Wahlkampfzwecke zu nutzen:

„Selbst lokale republikanische Führungskräfte, die vor Ort im Einsatz sind, sind besorgt über die Desinformationskampagne, die auf Bundesebene von ihrer eigenen Partei geführt wird. ... US-Kampagnen sind oft ein Indikator für Wahlkampftechniken und Methoden, die in den kommenden Jahren in Europa zu erwarten sind. Es wäre sehr zu hoffen, dass ein solches Maß an nicht mal auf Menschenleben Rücksicht nehmender Polarisierung unseren Politikern entgeht.“