Tuchel: Kratzt deutscher Coach an Englands Stolz?
Die englische Fußball-Nationalmannschaft der Männer wird ab 2025 von Thomas Tuchel trainiert. Dass dann im Geburtsland des Spiels ausgerechnet ein Deutscher die Taktik vorgeben soll, erregt die Gemüter.
Erbärmliche Kapitulation vor Erzrivalen
In The Spectator zetert Kolumnist Damian Reilly:
„Jetzt ist es aus. Gibt es ein deprimierenderes oder klareres Zeichen für den nationalen Niedergang als diese erbärmliche Kapitulation vor unserem größten Rivalen in der Sportart, die wir am meisten lieben und die wir erfunden haben? ... Tuchels Ernennung ist nicht zuletzt deshalb ein so schmerzhafter Schlag ins Gesicht, weil Tuchel so offensichtlich brillant ist. Dynamisch, intelligent, charismatisch – ein echter Gewinner. ... Zweifellos wird er schon an seinem ersten Tag das tun, wozu kein englischer Nationaltrainer zu meinen Lebzeiten fähig zu sein schien: nämlich unsere besten Spieler auf den richtigen Positionen aufzustellen und sie dazu zu bringen, beständig Spiele zu gewinnen.“
Weltweit bewundert
Einen Triumphzug des englischen Fußballs sieht hingegen The Guardian:
„Die Tatsache, dass Tuchels Nationalität bis auf bei den üblichen Verdächtigen relativ wenig Aufsehen erregt, bestätigt, in welchem Maße sich die traditionell abgeschottete Kultur des englischen Fußballs zum Besseren gewandelt hat. In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat sich dieser zu einem weltweiten Anziehungspunkt für ausländische Spieler und Trainer entwickelt. Ihre Talente haben dazu beigetragen, die Premier League zur meistgesehenen und wohl auch spannendsten Liga der Welt zu machen. ... In einem Land, in dem Fußball oft zum Vehikel eines aggressiven Nationalismus und beiläufiger Fremdenfeindlichkeit geworden war, stellt dies einen dringend benötigten Fortschritt dar.“
Die eigenen Trainer und Spieler fördern
Internationalisierung und Nationalmannschaft – das passt für The Times of Malta überhaupt nicht zusammen:
„Die Entscheidung ist sowas von traurig. ... Der Trainer einer Nationalmannschaft, egal welcher Nationalmannschaft, sollte aus demselben Land stammen wie seine Spieler. Das sollte eine zwingende Regel sein, eine Regel, die nicht zur Diskussion steht. ... Es sollte darum gehen, dass die Besten eines Landes gegen die Besten eines anderen Landes antreten. Sind diese Besten nicht gut genug, dann ist das eben so. Wer gewinnen will, muss halt etwas gegen den Mangel an Ressourcen tun, um sicherzustellen, dass man die besten Spieler und Trainer hat.“