Trump auf dem Weg ins Weiße Haus

Bei den US-Wahlen zeichnet sich ein klarer Sieg von Donald Trump ab. Seine Partei, die Republikaner, wird zudem aller Voraussicht nach die Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses erhalten. Während die Stimmen noch gezählt werden, fragt sich Europas Presse, was auf der anderen Seite des Atlantiks passiert ist – und was jetzt bevorsteht.

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De Standaard (BE) /

Antipolitik setzt sich durch

De Standaard macht sich ernste Sorgen um den Fortbestand der Demokratie in den USA:

„Die traurige Wahrheit ist natürlich auch, dass es sich politisch offensichtlich lohnt, Lügen zu verbreiten, Hass zu schüren und Gegner zu beschimpfen. ... Sehen [mächtige Trump-Unterstützer wie Elon Musk] wirklich nicht, wie viel Schaden der Demokratie zugefügt wird? ... Wieso kann destruktive Antipolitik so hartnäckig sein und so ansteckend? Wie das Ergebnis auch sein wird, die Antipolitik hat bereits gewonnen. Sie wird wie ein bösartiger Tumor weiter wuchern. ... Demokratie funktioniert nur, wenn die meisten Wähler an sie glauben. Ob diese Bedingung in den USA noch zutrifft, ist fraglich.“

Kathimerini (GR) /

Ein Sieg der Plutokratie

Kurz vor der Wahl sinnierte Kathimerini-Chefredakteur Alexis Papachelas:

„Wie dieser Mann nach so vielen geschäftlichen Misserfolgen und Skandalen dort landen konnte, wo er heute ist, wie es ihm möglich war, das alte Establishment zu zerschlagen und seine Partei in Fesseln zu legen, ist ein großes Rätsel. Natürlich gibt es eine Antwort, und sie hat mit der Macht des Geldes und der absoluten Herrschaft einer neuen Plutokratie zu tun, die keinen Sinn für soziale Verantwortung oder Rechenschaftspflicht hat. Es ist die Plutokratie der Großkonzerne, die die Algorithmen und sozialen Medien eingeführt hat, die heute unser Leben bestimmen, ohne sich um deren Auswirkungen zu kümmern. ... Amerika hat sich radikal und unwiderruflich verändert.“

Der Tagesspiegel (DE) /

Männer und Minderheiten haben entschieden

Der Tagesspiegel sieht drei Gründe für die Stärke Trumps:

„Erstens: Alle Warnungen vor Trump als dem Zerstörer der Demokratie, dem Faschisten und Spalter, hatten nicht den erhofften abschreckenden Effekt. Womöglich haben sie sogar Trotzreaktionen jener Wähler provoziert, die noch unentschieden waren. Zweitens: Trumps Klientel umfasst als starken Block junge, nicht sehr gebildete Männer ... . Je intensiver Harris um die Stimmen der Frauen warb, desto mehr Männer strömten zu Trump. Drittens: Trump konnte offenbar auch den Stimmenanteil von Schwarzen und Latinos vergrößern. Die Demokraten müssen sich darauf einstellen, dass Minderheiten allein mit Antirassismus nicht bei der Stange gehalten werden können. Politik für Minderheiten muss praktische Konsequenzen haben: Jobs, Wohnung, Familie.“

Polityka (PL) /

Von vorbildlicher Demokratie wenig übrig

Die traditionellen US-Parteien verlieren an Bedeutung, schreibt Polityka:

„Die alten mächtigen Parteien haben sich als peinlich schwach erwiesen: Die Republikaner haben jede Kontrolle über 'ihren' Kandidaten verloren; die Demokraten konnten vier Jahre lang keinen Nachfolger für Joe Biden finden und mussten in Panik auf die unvorbereitete, überraschte und erst im Lauf der Zeit lernende Harris setzen. Die amerikanische Demokratie, die 250 Jahre lang ein Modell und Vorbild für die Welt war, geht schwer angeschlagen aus diesem Wahlkampf hervor.“

Kleine Zeitung (AT) /

Turbo-Version der ersten Amtszeit

Die Kleine Zeitung erwartet, dass Trump als Präsident völlig entfesselt agieren wird:

„Die nächsten vier Jahre unter einem Präsident Trump werden aber keine lineare Fortsetzung der 2021 zu Ende gegangenen Amtszeit sein, viel eher droht der Welt eine enthemmte Turbo-Version. Die 'Erwachsenen im Raum', also jene vergleichsweise moderaten Kräfte der ersten Administration, die versucht hatten, Trumps gefährlichste Vorhaben einzuhegen, sind längst alle weg. Wer heute in der von der Make-America-Great-Bewegung radikalisierten Republikanischen Partei ein Regierungsamt anstrebt, muss sich Trumps Ideen unterwerfen.“