Griechenland: Zugunglück von 2023 bleibt Spaltkeil
Zehntausende Menschen haben am Sonntag in Griechenland Gerechtigkeit für die Opfer des Zugunglücks von Tempi gefordert. Gemäß neuen Erkenntnissen eines von Hinterbliebenen beauftragten Expertenteams starb fast die Hälfte der 57 Toten nicht durch die Kollision, sondern durch die anschließende Explosion, verursacht durch brennbare Flüssigkeiten in einem der Züge. Warum ebbt die Kritik an der Aufarbeitung des Unglücks nicht ab?
Die Bürger drohen zu ersticken
Die Regierung Mitsotakis sollte die Proteste ernst nehmen, schreibt das linke Webportal TVXS:
„Sie hat nicht verstanden, dass die Millionen, die in 180 Städten des Landes und im Ausland demonstriert haben, nicht nur um die toten Passagiere trauern: Sie sind wütend über das Elend des Landes und die Regierungspolitik, die dieses Elend noch verschlimmert. … Die Mobilisierung erinnert an die Demonstrationen im Dezember 2008, nach der Ermordung von Alexandros Grigoropoulos. Sie zeigen, wie damals, eine Gesellschaft in Aufruhr. Es mag sein, dass die Schwäche der Opposition und die Kontrolle, welche die Regierung über den größten Teil der Medien hat, den Deckel auf dem brodelnden Topf halten. Aber früher oder später wird eine Gesellschaft, der es an Sauerstoff mangelt, sich Luft verschaffen.“
Bitte keine Volksgerichte
Das regierungsnahe Webportal Liberal sieht Parteiinteressen hinter den Protesten und schreibt:
„Es gibt große Lücken, was Tempi angeht, die noch nicht beantwortet sind. Sie aufzuklären, ist Aufgabe der Justiz. Nicht unsere, nicht die der Regierung und auch nicht die der Opposition. Und damit die Fragen beantwortet werden können, müssen die Verfahren schnell durchgeführt werden. Ohne Vertagungen und Einsprüche. Und wir sollten alle daran denken, die Justiz nicht zu erpressen. ... Tempi ist von einigen als Feld der Konfrontation mit der Regierung gewählt worden. Das allein ist schon widerwärtig.“