Trump-Regierung friert Milliarden für Harvard ein

Donald Trump hat über 2,2 Mrd. Dollar an langfristigen Zahlungen für die private Elite-Universität Harvard auf Eis gelegt. Die US-Regierung hatte der Universität zuvor einen Katalog mit Forderungen übermittelt, wonach unter anderem ausländische Studierende stärker kontrolliert und Diversitätskriterien außer Kraft gesetzt werden sollten. Die Hochschule verbat sich jedoch jede staatliche Einmischung in ihre Lehrfreiheit. Europas Medien ordnen ein.

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Večernji list (HR) /

Wie aus Orbáns Lehrbuch

Večernji list fühlt sich an Ungarn erinnert:

„Auch Bidens Regierung führte den Kampf gegen Antisemitismus an den Universitäten, um pro-palästinensische Proteste zu ersticken, doch Trumps Regierung missbraucht ihn für Ziele, die mit Antisemitismus nichts zu tun haben, was Trumps Forderungen an die Universitäten auch belegen. Trump hat diese Aktion nach einem Rezept gestartet, das er von seinem politischen Verbündeten Viktor Orbán erhalten hat. Orbán hat die Autonomie der Universitäten in Ungarn schon vor langer Zeit erstickt, und das im Rahmen einer breiteren Strategie, die Kontrolle über die Institutionen zu übernehmen. ... Wir sehen jetzt, was Orbáns Ziel war: eine autoritäre Regierung, die man bei Wahlen nicht mehr auswechseln kann. Das ist auch Trumps Ziel.“

Süddeutsche Zeitung (DE) /

Feldzug gegen das akademische Milieu

Das Weiße Haus ist von Rache an der liberalen Elite getrieben, stellt die Süddeutsche Zeitung klar:

„Den rechten Vordenkern aus dem Trump-Lager ist das akademische Milieu an den meisten Hochschulen verhasst. Sie wollen einen politischen Kurswechsel erzwingen. Es ist die Rache an der liberalen Elite. Und dafür steht Harvard wie keine andere Universität. ... Freie Geister sollen eingeschüchtert, Andersdenkende geknebelt, und Widerspruch soll erstickt werden. Bleibt nur zu hoffen, dass die Milliarden aus dem Stiftungsvermögen Harvards reichen, dem Druck aus Washington zu widerstehen. Aber wie auch immer die Sache ausgeht: Schaden nimmt das freie Amerika mit jedem Tag mehr.“

La Libre Belgique (BE) /

Reale Gefahr für die Meinungsfreiheit

Trumps Regierung macht genau das, was sie in Europa anprangert, kritisiert La Libre Belgique:

„Dieselben Leute, die den Europäern durch die Stimme von Vizepräsident J.D. Vance eine Lehre in Sachen Meinungsfreiheit erteilen, wollen abweichende Meinungen dort zum Schweigen bringen, wo Debatten und Gedankenaustausch im Vordergrund stehen sollten. … [Universitätspräsident] Alan Garber und die Harvard University haben beschlossen, sich dem zu widersetzen und die Flamme der Freiheit, die den Amerikanern doch so am Herzen liegen soll, neu zu entfachen. Dies macht Hoffnung auf eine breitere Reaktion auf diese reaktionäre und faschistoide Armada.“

La Repubblica (IT) /

Schlimmer als zu den Zeiten von McCarthy

Autor Alexander Stille zieht in La Repubblica einen historischen Vergleich:

„Selbst in der McCarthy-Ära (von 1947 bis ca. 1956), als viele Universitäten Professoren entließen, die Kommunisten waren oder beschuldigt wurden, Kommunisten zu sein, hielt sich die nationale Regierung zurück: Die Präsidenten Truman und Eisenhower unterstützten Senator McCarthys Hexenjagd nicht mit dem Gewicht der nationalen Regierung. ... Die Entscheidung, die Mittel für Universitäten zu kürzen, ist Teil einer viel umfassenderen Strategie zur Durchsetzung einer konservativen kulturellen Hegemonie und steht im Zusammenhang mit der Schließung von USAID, der Entfernung von Fotos schwarzer Soldaten von der Website des Verteidigungsministeriums, der Umbenennung von Stützpunkten zu Ehren konföderierter Generäle und der Zerstörung staatlicher Einrichtungen.“

Der Standard (AT) /

Die besten Forscher nach Europa zurückholen

Der Standard sieht in Trumps Vorgehen eine Chance:

„Nachdem die Columbia University in New York den infamen Einflussnahmen Donald Trumps aus finanziellen Erwägungen noch klein beigegeben hat, ist die Harvard University nun stark geblieben. Die vielleicht mächtigste und wohl reichste Universität der USA nahm dafür Milliardenkürzungen in Kauf. … Die leisen Hoffnungen, dass sich massenhaft Top-Leute aus den USA um hiesige Uni-Stellen anstellen werden, sind hingegen ziemlich naiv. Aber es würde schon helfen, ein paar jener Talente zurückzuholen, die wegen der besseren Bedingungen aus Europa weggegangen sind – und dafür zu sorgen, dass die besten in Europa auch hier bleiben.“