Triumph für Benjamin Netanjahu
Die rechte Likud-Partei von Premier Benjamin Netanjahu hat bei der Parlamentswahl in Israel den Prognosen getrotzt und kommt wohl auf knapp 24 Prozent der Stimmen. Damit dürfte Netanjahu im Amt bleiben. Er hat sich mit einer Politik der Angst durchgesetzt und wird sein Land weiter isolieren, meinen einige Kommentatoren. Andere erklären, warum er den Palästinensern immer noch lieber ist als sein Herausforderer Jitzhak Herzog.
Israel wird sich weiter isolieren
Der überraschend deutliche Wahlerfolg Netanjahus ist ein Sieg der Panik, findet das Nachrichtenportal Spiegel Online: "In den vergangenen Wochen und Tagen betrieb Netanjahu konsequent das, was er wirklich gut kann: Angstpolitik. Eine Politik, die darauf setzt, dass der Wähler angesichts der Betonung existenzieller Gefahren alle anderen, ungelösten Probleme vergisst und Fehlleistungen nicht hinterfragt. ... Um ein paar unentschlossene Wähler am rechten Rand zu mobilisieren, äußerte er sich am Wahltag rassistisch über die israelischen Araber, die 'in Horden' an die Urnen stürmen würden. Am Abend hatte er sich öffentlich von der Zwei-Staaten-Lösung verabschiedet. Wenn er Premierminister würde, werde es keinen Palästinensischen Staat geben. Damit steht er im Konflikt mit der internationalen Gemeinschaft. ... Neben der Gefahr der zunehmenden inneren Spaltung der israelischen Gesellschaft besteht damit die sehr reale Gefahr einer weiteren internationalen Isolation des Landes."
Außenansicht: Netanjahu ist immer noch besser als Herzog
Den Palästinensern ist Benjamin Netanjahu als Premier immer noch lieber als Jitzhak Herzog, erklärt der katarische Nachrichtensender Al Jazeera: "Obwohl sich alle Palästinenser einig sind, dass Netanjahu eine schreckliche Amtsbilanz vorzuweisen hat, ist er paradoxerweise dennoch vielen lieber als Herzog. Ersterer zeigt aus ihrer Sicht das wahre Gesicht Israels, Letzterer verschleiert Israels wahre Ambitionen, verbessert dabei aber gleichzeitig das Ansehen des Landes im Westen. Das schlimmste aller möglichen Szenarien wäre eine Regierung der nationalen Einheit zwischen Netanjahu und Herzog. Eine solche würde den diplomatischen Stillstand verlängern, Israels Kriegslust vergrößern und gleichzeitig das internationale Ansehen des Landes verbessern."
Von wegen demokratischer Musterstaat in Nahost
Israel diskriminiert und unterdrückt große Teile seiner nicht-jüdischen Bevölkerung und kann schwerlich als Paradebeispiel für Demokratie in der Region bezeichnet werden, kritisiert die linksliberale Tageszeitung The Independent: "Ein Staat, der seine Kontrolle über ein Volk in Form einer jahrzehntelangen illegalen Besetzung ausübt, ist keine Demokratie. Das Gleiche gilt für einen Staat, der erklärt, das er nur den Juden gehört, und die Rechte der einheimischen nicht-jüdischen Bevölkerung ignoriert. Israel gehört nicht allen seinen Bürgern und Menschen, die es kontrolliert. Das Land ist eine Ethnokratie, ein kolonialer Siedlerstaat, der sich täglich über internationales Recht hinwegsetzt, indem er die Palästinenser durch unterschiedliche Formen der Okkupation unterdrückt. Und Europa und die USA leisten Beihilfe. Das soll ein Leuchtturm für Demokratie im Nahen Osten sein? Weit gefehlt."
Das gelobte Land der Ungleichheit
Wohlweislich hat Premier Benjamin Netanjahu in seiner Wahlkampagne wirtschaftliche Themen ausgeklammert, ist doch Israel ein Land der Ungleichheit geworden, analysiert Ökonom Paul Krugman in der linksliberalen Tageszeitung La Repubblica: "Die Einkommensungleichheit ist in Israel dramatisch angestiegen. Laut Daten der Luxembourg Income Study hat sich der Prozentsatz der israelischen Bevölkerung, die mit weniger als der Hälfte der Durchschnittseinkommens auskommen muss, zwischen 1992 und 2010 verdoppelt, von 10,2 auf 20,5 Prozent. ... Macht und Wohlstand konzentrieren sich auf eine extrem kleine Gruppe an der Spitze. Mit einem Wort: Die Wirtschaft des gelobten Landes ist heute gekennzeichnet von einer großen Not der breiten Bevölkerung und einer vermutlich alles anderen als unbedeutenden Korruption an der Spitze."