IWF: Athen braucht drittes Hilfspaket
Der IWF geht in einer aktuellen Analyse davon aus, dass Athen rund 52 Milliarden Euro weitere Kredite bis 2018 und einen Schuldenschnitt benötigt. Statt über Rettungspläne sollte die Eurogruppe endlich über Schuldenschnitt und Eurobonds sprechen, mahnen auch Kommentatoren. Dabei verweisen sie darauf, wie einst Argentinien seine Schuldenkrise bewältigte.
Ohne Schuldenerlass keine Besserung
Das Tabu des Schuldenerlasses muss endlich durchbrochen werden, fordert die linksliberale Tageszeitung De Morgen: "Der IWF plädiert nicht zum ersten Mal für eine Erleichterung der Schuldenlast als Kernelement einer Lösung. Aber es ist äußerst bemerkenswert, dass der internationale Kreditgeber ausgerechnet jetzt mit der Empfehlung kommt, die die unerbittliche Linie von [IWF-Chefin] Lagarde vorsichtig abändert und das, was zuvor ein politisches Tabu war, als absolute Notwendigkeit darstellt. Bisher traf der Fonds, wenn er für einen Schuldenerlass plädierte, immer auf den Widerstand der europäischen Regierungen. In seiner neuen Analyse kümmert das den IWF nicht. Die Situation sei so schlimm, so rechnen die Ökonomen aus, dass die Methode 'Friss-oder-stirb' nicht länger funktionieren wird, auch wenn die politischen Führer sie weiter vertreten."
Eurobonds statt Rettungsprogrammen
Der Euro wird über die Griechenlandkrise hinaus nur dann Bestand haben, wenn die Mitgliedsländer Lasten gemeinsam tragen, mahnt das wirtschaftsliberale Wochenmagazin The Economist: "Die Mitglieder der Eurozone müssen zur Absicherung gegen wirtschaftliche Abschwünge automatische Mechanismen wie etwa eine kollektive Arbeitslosenversicherung schaffen, die zusätzliche Mittel in Länder lenken, die unter einer Rezession leiden. Statt Rettungsprogrammen braucht die Zone der Gemeinschaftswährung eine stärkere Bündelung der Risiken und der Verantwortung - eine Art 'Eurobonds' oder gemeinsam garantierte Staatsschulden. Für diese müssen verbindlichere fiskale Regeln gelten als die derzeitigen. ... Die Moral der griechischen Katastrophe ist, dass sich die Europäer jetzt den Widersprüchen des Euro stellen müssen. Sonst werden sie unter noch katastrophaleren Umständen die Konsequenzen tragen müssen."
Es gibt ein Leben nach dem Zahlungsaufall
Griechenland befindet sich in einer ähnlich schwierigen Situation wie Argentinien im Jahr 2001, erinnern die Ökonomen Joseph Stiglitz und Martin Guzman in der linksliberalen Onlinezeitung El Huffington Post: "In beiden Ländern resultierte die Rezession aus einer Sparpolitik, die die Schuldenlast untragbar machte. In beiden Fällen erfolgte die Hilfe unter strengen Auflagen. Beiden Ländern wurden strenge Finanzpläne diktiert, die ihnen die Möglichkeit nahmen, auf die Rezession mit expansiven Maßnahmen zu reagieren. In beiden Fällen lag der IWF falsch, weil er alarmierend ungenaue Einschätzungen zu den Folgen der erzwungenen Politik abgab. Arbeitslosigkeit und Armut schossen in die Höhe, das BIP brach ein. ... Ein Zahlungsausfall ist schwer zu stemmen, aber der Sparzwang noch schwerer. Die gute Nachricht für Griechenland ist, dass Argentinien bereits vorgelebt hat, dass es ein Leben nach dem Zahlungsausfall gibt."
Außenansicht: Tsipras' Feldzug gegen Austerität gescheitert
Die griechische Regierung hat mit ihrem Verhandlungsstil alle Euroländer gegen sich aufgebracht, beobachtet die liberale Tageszeitung The New York Times: "Premier Alexis Tspiras hat die vergangenen sechs Monate seit der Machtübernahme durch seine Syriza-Partei versucht, den gesamten politischen Rahmen für die Verhandlungen über das Rettungsprogramm seines Landes zu verändern. Damit ist er gescheitert. ... Die griechische Regierung hat sicher gehofft, dass nach ihrem Abbruch der Verhandlungen und der Ausrufung eines Referendums die Gläubiger ihre Unnachgiebigkeit überdenken würden - aus Angst vor den wirtschaftlichen und politischen Folgen, wenn sie Griechenland aus der Eurozone austreten lassen. Doch im Gegenteil hat Athen damit Deutschland und Frankreich sowie Spanien und Italien näher zusammengebracht, denn diese sind voll der Verbitterung über Griechenlands Verhandlungsstil und aggressive Forderungen."
Griechische Regierung besudelt linke Ideale
Premier Alexis Tsipras und Finanzminister Yanis Varoufakis vergehen sich an linken Idealen, resümiert Publizist Werner Stanzl in der liberalen Wiener Zeitung: "In fast allen Redaktionen deutschsprachiger Gazetten, Radio- und TV-Sender haben sich Redakteure und Redakteurinnen vorgedrängt, um die Worthülsen des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras und dessen Finanzminister Yanis Varoufakis als linkes Gedankengut oder gar als dessen Elixier auszugeben. Nichts disqualifiziert dieses Agieren mehr als die teils gewollte, teils naive Kritiklosigkeit, mit der Halbwahrheiten und ganze Unwahrheiten aus Athen zum Teil eines paneuropäischen sozialistischen Programms hochstilisiert wurden. … Linke Politiker ... wären nie ein Risiko mit derart katastrophalen Folgen für das ganze Volk eingegangen. Das Zocken der Syriza zeigt Menschenverachtung und hat linkes Gedankengut rundum besudelt."
Angela Merkel koordiniert einen Putsch
Die EU-Kommission und europäische Politiker haben in den vergangenen Tagen die Griechen gewarnt, im Referendum am Sonntag gegen den Sparkurs zu stimmen. Scharfe Kritik kommt von der liberalen regierungskritischen Wochenzeitung Proto Thema: "Was wir gerade sehen, ist ein postmoderner Putsch, koordiniert durch Berlin, um die gewählte linksgerichtete Regierung zu stürzen. [Bundeskanzlerin] Merkel sagte gestern, dass die bestehenden Differenzen politisch seien, es ginge nicht um Geld, 400 Millionen Euro oder sonst irgendeine Summe. Aus diesem Grund hat Schäuble den letzten Kompromissvorschlag der griechischen Regierung abgelehnt. Es ist klar, dass das, was Berlin will, nicht ein Abkommen ist, sondern der Sturz der Regierung und die bedingungslose Unterwerfung des Landes. Wenn man dieser Regierung etwas vorwerfen kann, ist es, dass sie sich in einen Krieg hat hineinziehen lassen, den sie vermeiden wollte."