Neues Kreditpaket für Athen
Athen und die internationalen Geldgeber haben sich am Dienstag im Grundsatz auf ein neues Kreditpaket in Höhe von bis zu 86 Milliarden Euro geeinigt. Einige Kommentatoren sehen dies als Hoffnungsschimmer und halten ein Ende der Krise für möglich. Andere sind sich sicher, dass Griechenland weiteres Geld und einen Schuldenschnitt braucht.
Chance auf Ende der Dauerkrise
Mit der Einigung auf neue Kredite für Athen wächst für die liberale Wirtschaftszeitung Il Sole 24 Ore auch die Hoffnung auf ein Ende der Dauerkrise in Europa: "Europa muss jetzt Mut und politische Weitsicht beweisen, um das hässliche Kapitel des 13. Juli vergessen zu machen, als die Vertreibung Griechenlands aus dem Euro nur dank der kühnen Kapitulation von Tsipras verhindert werden konnte. ... Je eher das Abkommen mit Griechenland abgesegnet wird, umso besser, erst recht in einem Klima wachsender weltweiter Ungewissheiten. Europa gäbe der Welt ein Zeichen von Einheit und Zusammenhalt, das es zu lange hat vermissen lassen. Wird dies also endlich für alle das Ende des Albtraums und die Quadratur des Kreises sein, in einem realistischeren und vernünftigeren Europa? Die Griechenlandkrise hat Europa zu lange gelähmt und daran ist nicht nur Athen schuld. Wenn Europa wirklich eine bessere Zukunft aufbauen will, dann ist jetzt der Augenblick gekommen, die Krise zu beenden."
Jetzt muss noch ein Wachstumspaket her
Das neue Milliardenpaket kann Griechenland nur helfen, wenn jetzt zusätzlich die Konjunktur angekurbelt wird, stellt die linksliberale Tageszeitung El País klar: "Da Griechenland die Bedingungen zum Verbleib im Euroraum akzeptiert hat, wäre der Gegenzug nun, Wirtschaftshilfe zu leisten, damit der Plan auch funktioniert. Die Idee hinter diesem dritten Rettungspaket ist jedenfalls, dass es nicht das endgültige sein wird. Es ist offensichtlich, dass die ausgehandelten Bedingungen wenig Spielraum für antizyklische Konjunkturpolitik lassen. Der dritte Hilfsplan kann den Bankrott des Landes nicht verhindern, falls die Euro-Regierungen nicht zusätzlich zu den vereinbarten Verpflichtungen Maßnahmen beschließen, um die griechische Wirtschaft anzukurbeln. ... Das bedeutet vor allem, die öffentlichen Ausgaben mit europäischen Mitteln zu erhöhen."
Der Schuldenschnitt wird kommen
Ungeachtet der Einigung über das dritte Kreditpaket für Griechenland hält die liberale Tageszeitung Pohjalainen einen Schuldenschnitt für unausweichlich: "Verständlicherweise war eine Umschuldung für die Euroländer die ganze Zeit über nicht akzeptabel, da sie gesehen haben, dass Griechenland vielen Wirtschaftsreformen ablehnend gegenüberstand. Diese Linie war richtig. ... Früher oder später muss man aber akzeptieren, dass ein Teil der Schulden Griechenlands erlassen werden muss. Schon der gesunde Menschenverstand sagt einem, dass Griechenland, dessen Bruttosozialprodukt deutlich unter 200 Milliarden Euro liegt, die knapp 320 Milliarden Euro Schulden nicht stemmen kann. Eine sofortige Umschuldung wird es geben, wenn die Euroländer überzeugt sind, dass Griechenland tatsächlich den Willen hat, wieder auf die Beine zu kommen."
Ideologie siegt über politische Vernunft
Die Einigung auf ein drittes Hilfspaket für Griechenland zeigt nach Ansicht der linksliberalen Tageszeitung Der Standard, dass in der Schuldenkrise wirtschaftliche Argumente in den Hintergrund getreten sind: "Im Schuldenstreit zwischen Athen, Berlin und Brüssel ging es im Kern nie um ökonomische Fakten oder Sachpolitik. Der Konflikt war ideologischer Natur. Die von Berlin angeführte Gläubigerallianz hat einen hegemonialen Kodex vorgegeben. Einsparungen, mehr Wettbewerb und Privatisierungen sollen Südländer wie Griechenland retten. Die linke Syriza-Regierung in Athen hat dieses Dogma berechtigterweise angezweifelt. ... Doch Deutschland und die anderen Gläubiger waren ideologisch nicht kompromissbereit. Man hat den Griechen aber immer klargemacht: Unterschreibt eine Vereinbarung mit uns auf Basis unserer Prinzipien, und wir werden euch entgegenkommen. Das scheint nun passiert zu sein. ... Politisch bleibt Unbehagen zurück. Denn klargeworden ist: Widerspruch wird in Europa derzeit nicht toleriert."