Nato kritisiert Russlands Syrien-Einsatz
Die Nato hat am Donnerstag von Moskau gefordert, beim Kampf gegen die Terrormiliz IS zu helfen und nicht weiter das syrische Assad-Regime zu unterstützen. Der Westen muss endlich einsehen, dass er sich in dem Konflikt nicht länger militärisch zurückhalten kann, finden einige Kommentatoren. Für andere schneidet sich Russland mit den Angriffen auf syrische Regimegegner ins eigene Fleisch.
Flugverbotszone hätte viel Elend verhindert
USA und Nato müssen sich endlich von der Idee verabschieden, dass man auf ein ernsthaftes militärisches Eingreifen in Syrien verzichten kann, fordert die liberale Tageszeitung Göteborgs-Posten: "Alles oder Nichts, scheinen die USA und Nato zu denken - und es wurde im Großen und Ganzen nichts. ... Aber es gibt etwas zwischen Alles und Nichts, nämlich etwas. Die USA und die Nato hätten vor langer Zeit eine Flugverbotszone einrichten müssen, zu der Schweden gerne beigetragen hätte. ... Das hätte eine sichere Zone in Syrien geschaffen, überwacht durch schwedisches, europäisches und amerikanisches Militär. Falls möglich unter UN-Flagge. Es hätte eine Zone geben müssen, wohin Syrer hätten fliehen können, die um ihr Leben fürchten und hilflos sind, wo [das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen] UNHCR und [das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen] WFP für Essen, Medizin, Schule und ein Dach über dem Kopf sorgen können. Dort wäre es auch nicht verboten gewesen, zu arbeiten und sich zu versorgen."
Putin gefährdet sein Land
Mit seinem Militäreinsatz in Syrien bringt Russlands Präsident Wladimir Putin nicht nur die Sunniten im Nahen Osten gegen sein Land auf sondern er fördert auch in der Heimat den radikalen Islamismus, warnt die konservative Tageszeitung The Times: "Überall in der Golfregion rufen Prediger die Sunniten dazu auf, nicht nur in den Heiligen Krieg zu ziehen, sondern auch gegen die Russen zu den Waffen zu greifen. Für die Gefangennahme russischer Soldaten werden Belohnungen geboten. Der Nordkaukasus wird durch Russlands Luftschläge in keinster Weise geschützt und wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem Schlachtfeld in Putins Hinterhof entwickeln. Die Begeisterung innerhalb Russlands für den Krieg wird schwinden, sobald tote Soldaten zu ihren Familien zurückgebracht werden. ... Putin erweist sich nun, wie schon zuvor in der Ukraine, als politischer Führer, der seine Macht überschätzt."
Russland stärkt IS-Miliz mit seinen Angriffen
Wie im Tschetschenienkrieg nutzt Russlands Präsident Putin den Kampf gegen den Terror als Vorwand zur Schwächung der Regimegegner, zeigt die konservative Tageszeitung Le Figaro auf. Nur ist die Gefahr für die ganze Welt diesmal viel größer: "In den Augen des Kremlchefs hat sich die in Tschetschenien entwickelte Methode bewiesen. Es ist jedoch nicht ungefährlich, auf einer Bühne, auf der sich zwei miteinander konkurrierende Koalitionen [Russland und USA mit jeweiligen Partnern] gegenüberstehen, alles beiseite zu fegen. Einige fürchten sich schon, dass ein Funken einen 'Dritten Weltkrieg' auslösen könnte. Man kann nur hoffen, dass es nicht so weit kommt. Es besteht jedoch das Risiko, dass die Regimegegner dazu getrieben werden, sich hinter der stärksten bewaffneten Gruppe zu vereinen - und das könnte sehr gut die IS-Miliz sein, die bislang von russischen Angriffen verschont wurde. Es wäre eine bittere Ironie, wenn die Mittel von Putin und Assad die gleichen Folgen hätten wie der amerikanische Imperialismus von George Bush zur Beseitigung von Saddam Hussein."
Syrienkrieg lässt Kalten Krieg wiederaufleben
Der Syrienkrieg verschlechtert das ohnehin schon gespannte Verhältnis zwischen der Nato und Russland noch weiter, warnt die liberale Wirtschaftszeitung Il Sole 24 Ore: "Mit den Trümmern der von Kriegen erschütterten Staaten im Nahen und Mittleren Osten wird im Herzen Europas eine neue Mauer errichtet. Die Konfrontation zwischen Russland und der Nato wird immer schärfer: der Krieg in Syrak (Syrien plus Irak) bewegt sich längst entlang einer kritischen Linie, die seit geraumer Zeit die Grenzen des regionalen Krisengebiets überschritten hat. Von dem blutigen Schauplatz in Nahost greift der Streit zwischen West und Ost auf Europa über, wo er die Wunde der Ukraine wieder aufreißt. ... Das Problem nach der russischen Intervention scheint weder Assad noch das Kalifat zu sein. ... Die Welt scheint an den Punkt vor dem Zerfall der UdSSR zurückgekehrt zu sein. Mit dem Unterschied, dass damals kein Zweifel bestand, wer Freund und wer Feind war."