Balkan ächzt unter Flüchtlingskrise
Der 17-Punkte-Plan gegen das Chaos auf der Balkanroute, den die betroffenen Staaten in Brüssel beschlossen haben, beschäftigt die Kommentatoren weiterhin. Sie warnen vor einer Destabilisierung Südosteuropas und einer Zunahme des Menschenhandels in der Region. Manche weisen darauf hin, dass der Schlüssel zur Lösung der Flüchtlingskrise in Syrien liegt.
Südosteuropa ist der Situation nicht gewachsen
Die Flüchtlingskrise droht das ohnehin wenig stabile Südosteuropa heillos zu überfordern, warnt die linksliberale Tageszeitung Der Standard: "Die Beziehungen in der Region haben sich seit der Flüchtlingskrise verschlechtert. Slowenien hat einen Grenzzaun angedacht. Das kann bald passieren. Es wäre jedoch sehr gefährlich, die Grenzen von oben - also beginnend mit Slowenien oder Kroatien - zu schließen. Damit würde man nämlich Serbien, Mazedonien und Griechenland in eine völlig unkontrollierbare Lage manövrieren. Denn dann würden die Flüchtlinge - die nichts anderes wollen als schnell nach Deutschland - festsitzen. Das geringste Übel wäre dabei noch ein Erstarken rechter politischer Kräfte vor Ort. Die Gefahren sind viel größer. Die Überforderung könnte zu politischem Missbrauch, Gewalt und umgreifender Unsicherheit führen. Mazedonien und Serbien sind nicht nur ärmer als Griechenland, sie sind auch labiler. Die Sicherheitsstrukturen sind dort großen Krisen nicht gewachsen."
Mafia wartet nur auf Geschäft mit Flüchtlingen
Eine Rückkehr der Schmugglerbanden aus den Zeiten der Jugoslawien-Kriege ist angesichts der Pläne der EU, eine Pufferzone für Flüchtlinge auf dem Balkan aufzubauen, zu befürchten, erklärt die Tageszeitung Trud: "Der Zerfall Jugoslawiens und das darauffolgende achtjährige Jugoslawien-Embargo (1991-1999) führten seinerzeit zur schlimmsten Krise Bulgariens nach dem Ende des Kommunismus. Damals nutzten kriminelle Banden die Lage zu ihrem Vorteil und machten mit Waren- und Menschenschmuggel ein Riesengeschäft. Dabei wurden sie kräftig vom Polizei- und Geheimdienstapparat unterstützt. … Die aktuelle Lage schafft die Voraussetzungen für eine ähnliche Entwicklung, zumal wir wieder in einem Polizeistaat leben, in dem das Volk völlig verarmt ist. Im Zusammenhang mit der nicht enden wollenden Flüchtlingskrise kann man sich leicht ausmalen, wohin das führen kann."
Außenansicht: Kroatiens schändliches Verhalten an der Grenze
Nachdem kroatische Polizisten laut Medienberichten Journalisten angegriffen haben sollen, die mit einer Gruppe von Flüchtlingen illegal die Grenze von Serbien aus überquert haben, stellt die serbische Boulevardzeitung Kurir fest, dass Kroatien europäisches Benehmen noch lernen muss: "Der [kroatische] Premier Zoran Milanović wusste nicht mehr weiter und hat deshalb Serbien, welches den Flüchtlingen gegenüber eine so humane Umgangsweise an den Tag legte wie sonst kein anderer europäischer Staat, mit einer Fliege verglichen [und Kroatien im Gegensatz dazu mit einem Adler]. Danach hat derselbe Milanović Serbien empfohlen, die Flüchtlinge auch in andere Länder zu schicken, um am Ende die Grenze zu unserem Land zu schließen. Jetzt, wo das Arsenal an Beleidigungen und sinnlosen Unterfangen erschöpft scheint, fängt das jüngste EU-Mitglied an, zu prügeln. ... Dies zeigt schlussendlich, dass sie lediglich die bürokratischen Normen für einen EU-Beitritt erfüllt haben, aber dass sie Menschlichkeit noch lernen müssen. Leider auf unsere Kosten."
Sicherheitszone in Syrien würde Exodus bremsen
Nur wenn es der EU gelingt, Kriegsflüchtlinge innerhalb der syrischen Grenzen zu beschützen und zu versorgen, wird der Zustrom an Migranten aus dem Bürgerkriegsgebiet nachlassen, erklärt die linksliberale Tageszeitung The Irish Times: "Es ist offensichtlich Ziel der EU, dass die nächste Gruppe von Flüchtlingen aus Syrien innerhalb der Grenzen der Türkei untergebracht wird und nicht Europas Küsten erreicht. Wenn es keine Sicherheitszone innerhalb Syriens gibt, könnte es sein, dass die Türkei nicht imstande ist, einer entsprechend großen Zahl an Migranten den Zugang und in der Folge ein Weiterziehen Richtung Europa zu verwehren. Die große Herausforderung besteht also darin, diese Millionen Zivilisten innerhalb Syriens zu beschützen oder einen akzeptablen Zufluchtsort außerhalb Syriens zu finden. Andernfalls könnte die Zahl der Bürgerkriegsopfer auf eine Million steigen."