EZB weitet Kaufprogramm aus
Die EZB hat am Donnerstag angekündigt, ihr umstrittenes Anleihekaufprogramm bis März 2017 zu verlängern. Weil die Anleger mit der Aufstockung des Volumens der monatlichen Käufe gerechnet hatten, gaben die Börsen am Donnerstag weltweit nach. Doch die Enttäuschung der Anleger ist unangebracht, meinen Kommentatoren und zweifeln daran, dass Europas Wirtschaft durch noch mehr Geld gerettet werden kann.
Europas Wirtschaft krankt nicht an zu wenig Geld
Die Reaktion der Börsen ist unangebracht, meint die linksliberale Tageszeitung La Repubblica: "Mangels politischer Entscheidungen wächst die Blase der Erwartungen an die EZB, von der man erhofft, dass sie die Aussichten der kontinentalen Wirtschaft rosig färbt. ... Wir haben es mit einer Blase zu tun, die leider auch die Spitzen der EZB mit ihren unentwegten Versprechen nähren, alles Mögliche und Unmögliche zu tun, um die schwächelnde Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Hätte Mario Draghi mehr tun können? Vielleicht ja. Doch nehmen wir mal an, er hätte das Anleihekaufprogramm statt um sechs um zwölf Monate verlängert, den Negativzins auf Einlagen auf 0,4 statt auf 0,3 Prozent angehoben, hätte dies tatsächlich die Aussicht für den Euro und die Wirtschaft des Währungsraums verändert? Wer an solche Zweckmäßigkeiten glaubt, pflegt nicht nur munter weiter die falsche Illusion, sondern weigert sich auch zu erkennen, dass die Probleme des Euroraums nicht auf den Mangel an Liquidität zurückzuführen sind."
Draghi hat seinen Job erledigt
Draghi hat seine Arbeit gut gemacht, lobt die linksliberale Wirtschaftszeitung Cinco Días und verteidigt den EZB-Chef vor der enttäuschten Reaktion der Anleger: "Auch wenn den Investoren die geldpolitische Zurückhaltung der EZB fad erscheinen mag, zeigen die Statistiken, dass sich der Kreditfluss in den vergangenen zwei Jahren deutlich verbessert hat. Nun will Draghi den alten Kontinent vor einer möglicherweise drohenden Deflation und einer Ansteckung durch die Turbulenzen der Schwellenländer schützen. ... Wie Draghi vielfach wiederholt hat, kann Europa seinen Aufschwung nicht allein auf die Kraft des Zauberstabs der Währungshüterin stützen, sondern muss sein Wirtschaftsprofil reformieren und es fit für die Zukunft machen."
Geldpresse muss angehalten werden
Draghis Kurs ist hochriskant, kritisiert die linksliberale Tageszeitung De Volkskrant: "Die künftigen Risiken der Geldschwemme, wie Hyperinflation und große finanzielle Seifenblasen, schätzt er geringer, als die akute Gefahr einer wirtschaftlichen Stagnation. ... Draghi und die EZB können aber die Fundamente der Realwirtschaft nicht beeinflussen. Indem sie Geld drucken, können sie höchstens dafür sorgen, dass die Banken genug haben, wenn Unternehmer oder Hauskäufer für einen Finanzierungskredit zu ihnen kommen. Diesen Engpass gab es während der Kreditkrise, er spielt jetzt aber kaum noch eine Rolle. Während die EZB die Geldpresse schneller laufen lässt, will die US-amerikanische Fed gerade das Gegenteil tun. ... Dadurch nimmt der Abstand von Europa zu den USA zu, und der Kurs des Euro bleibt weiter unter Druck."