Orbán und Kaczyński exkommunizieren
Unverständnis darüber, dass nicht mehr Katholiken dem Papst nacheifern, äußert Kommentator Martin M. Šimečka in der Tageszeitung Dennik N:
„Der Wochenendbesuch des Papstes auf Lesbos, von wo aus er einige muslimische Flüchtlinge mit in den Vatikan nahm, war ein Beleg dafür, wie tief die Kluft ist zwischen ihm und den europäischen Katholiken, die gegenüber seinen Worten und Gesten taub und blind sind. ... Ich weiß nicht, was in den Köpfen der Katholiken vorgeht, wenn der Papst sie auffordert, sich zu den Flüchtlingen zu bekennen. Ich dachte immer, dass die Katholiken wenigstens im Fall eines christlich-ethischen Dogmas die Unfehlbarkeit des Papstes anerkennen. ... Und mir ist unklar, weshalb der Papst nicht Politiker wie Jarosław Kaczyński oder Viktor Orbán exkommuniziert, die mit Wort und Tat seine Autorität untergraben. Der Papst verlöre damit zwar zwei wertlose Schäfchen. Aber er würde dafür meine Sympathie gewinnen - die eines Ungläubigen.“
Er spricht aus, was sich Politiker nicht trauen
Der Besuch von Papst Franziskus auf Lesbos wird nicht die Welt verändern, aber zum Umdenken anregen, hofft die Wochenzeitung der serbischen Minderheit Novosti:
„Wenn man die Botschaft von Lesbos verstanden und begriffen hat, reicht es nicht mehr aus, die Kirchenbänke mit seinem Hintern zu wärmen. Der Papst hat eine starke und eindeutige Botschaft an all jene gesandt, die Flüchtlingen ihre Türen verschließen. Er hat nicht nur die Brüder und Schwestern in aller Welt zu mehr Mitgefühl aufgerufen, sondern selbst drei syrische Familien aus dem Flüchtlingslager in seinem Flugzeug mitgenommen. Damit hat er ihnen Europas Grenze geöffnet, die in Mazedonien mit Tränengas und Gummigeschossen 'verteidigt' wird. Und endlich hat der Papst die Wahrheit ausgesprochen, vor der alle westlichen Politiker beharrlich die Augen verschließen: Um Solidarität mit denen zu zeigen, die zu fliehen gezwungen waren, muss man sich der Bekämpfung von Kriegen zuwenden.“
Gewissen der gesamten Welt
Franziskus hat mit der Aufnahme der Flüchtlinge vorbildlich für die ganze Welt den christlichen Auftrag der Kirche erfüllt, lobt der polnische Historiker und Journalist Jarosław Makowski auf seinem Blog beim Nachrichtenmagazin Polityka:
„Die Insel Lesbos, die Franziskus gerade besucht hat, ist derzeit ein Symbol für eine Kultur der Gleichgültigkeit. Sie gilt als ein Ort, an dem sich Menschen ansammeln, die für viele nur eine Art menschlicher Abfall sind, um den sich niemand kümmern will. Und nun macht Franziskus genau das, was er in einem solchen Fall auch tun muss: Wenn er als Christ einen Menschen sieht, der leidet, eilt er ihm zu Hilfe. Somit wird er zum Gewissen für die ganze Welt.“
Religiöse Spektakel keine Hilfe für Migranten
Politische Lösungen statt religiöser Inszenierungen fordert Kolumnist Andreas Zamboukas auf dem liberalen Webportal Protagon:
„Wir hätten erwartet, dass sich Europa mehr auf politischer Ebene einsetzt, um Lösungen für die Flüchtlingsfrage zu finden, anstatt die Massen der 'frommen Zuschauer' zu ermutigen, vor Rührung dicke Tränen zu vergießen angesichts der Ausbeutung menschlichen Leids. ... Demokratien brauchen brillante politische Führer, die Verantwortung gegenüber dem Humanismus der Gesetze und der irdischen Gerechtigkeit fühlen. Menschen mit Gewissen, und nicht maskierte 'politisch Religiöse'. ... Ich möchte sehen, wie sich die 'Favelas' entleeren und Flüchtlinge integriert werden oder in ihre Heimat zurückkehren. Ich möchte sehen, wie das Schlachten in Syrien aufhört. Mit Entscheidungen und politischen Plänen. Nicht mit von Christen inszenierten religiösen 'Εvents' und Krokodilstränen der Linken.“
Papst will Glauben als coole Marke verkaufen
Neben seinen populären Aktionen, wie dem Besuch im Flüchtlingslager auf Lesbos, vernachlässigt Papst Franziskus den Glauben, kritisiert der Kolumnist Giedrius Drukteinis auf dem Onlineportal Lrytas:
„Ich bezweifle, dass es Jesus darum ging, seine Kirche populär zu machen. Der Glaube ist keine Ware, die man verkaufen soll. Der Glaube ist keine Wertung. Der Glaube ist keine Marke, die trendy oder cool zu einer bestimmten Zeit in der Geschichte ist. ... Die römische Kirche wird von Modernisierungs- und Popularisierungswellen schon seit 2.000 Jahren attackiert. Sie hat bis jetzt durchgehalten, nicht weil es animierende Charaktere gab, die ihre Selfies auf Instagram posten. Sie hat durchgehalten wegen der ewigen Treue zur Lehre, die uns die Apostel weitergegeben haben, ohne den Wunsch, den Glauben an den aktuellen politischen, wirtschaftlichen, sozialen oder technologischen Fortschritt anzupassen.“
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