Wie verändert die Wahl Berlin?
Die Berliner haben bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus die rot-schwarze Landesregierung deutlich abgestraft. Die SPD wurde zwar stärkste Kraft, erlitt aber herbe Verluste und braucht künftig zwei Partner, um zu regieren. Die national-konservative AfD zog auch in der Hauptstadt zweistellig ins Parlament ein. Journalisten analysieren, was diese Wahl für die Parteienlandschaft und die Demokratie bedeutet.
Parteien werden wieder unterscheidbarer
Insgesamt ziehen sechs Parteien ins Parlament ein, was für mehr Vielfalt sorgt und letztlich für die Demokratie sogar ein Gewinn sein könnte, glaubt die Süddeutsche Zeitung:
„Die Demokratie muss sich in globalisierten Zeiten neu bewähren. Es gilt, einen ihrer Kernsätze wieder zu verinnerlichen: Demokratie muss man lernen, immer wieder. ... Der Erfolg der AfD ist ein Weckruf, der besagt: Es ist nicht selbstverständlich, dass die Gesellschaft liberal ist und bleibt. Es ist auch nicht selbstverständlich, dass Minderheiten (und dabei geht es nicht nur um Flüchtlinge) geachtet werden und bleiben. Und es ist auch nicht selbstverständlich, dass die Demokratie bei allen beliebt ist und bleibt. ... Das kann der Beginn einer inhaltlichen Pointierung sein, die die Parteien wieder unterscheidbarer macht. Es wird so sein, dass die SPD wieder röter und die CDU schwärzer wird. Der Demokratie muss das nicht schaden.“
In Berlin bricht die Mitte weg
Voraussichtlich wird künftig ein Dreierbündnis Berlin regieren, was die Gefahr birgt, dass die politische Mitte weiter geschwächt wird, beobachtet der Tages-Anzeiger:
„Dreierkoalitionen gab es zwar schon früher. Neu ist, dass sie heute oft blosse Zweckbündnisse sind, um zu regieren. ... Eine gemeinsame politische Basis ist nicht zu erkennen. Diese in der Not geborenen vielfarbigen Koalitionen bilden zwar eine Mehrheit, aber keine politische Mitte. Anti-System-Parteien von rechts oder von links fällt es leicht, sie als 'Machtkartell der Altparteien' zu denunzieren. So entsteht eine Dynamik, die die politische Mitte schwächt und die Ränder weiter stärkt. Die ehemaligen Volksparteien sind dieser Entwicklung weitgehend ausgeliefert. Zurück in die Vergangenheit führt kein Weg. Sie tun gut daran, pragmatischer zu werden und gleichzeitig auf den Werten zu bestehen, die sie unverwechselbar machen. Je schneller sie sich auf die neue Realität einstellen, umso besser.“
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