Empörung nach Angriff auf UN-Hilfskonvoi
Die USA haben Russland für den Angriff auf einen UN-Hilfskonvoi in Syrien verantwortlich gemacht, die Regierung in Moskau wies die Vorwürfe zurück. Bei der Attacke am Montag kamen rund 20 Menschen ums Leben. Der Zeitpunkt des Angriffs wurde bewusst gewählt, glauben Kommentatoren und geben US-Präsident Obama die Schuld daran, dass sich Assad und seine Unterstützer eine derartige Dreistigkeit herausnehmen.
Obamas Nichtstun machte Attacke möglich
Dass ein UN-Hilfskonvoi ungestraft angegriffen werden kann, ist der militärischen Zurückhaltung der Regierung Obama anzulasten, ärgert sich The Daily Telegraph:
„Die traurige Wahrheit ist, dass niemand im Nahen Osten Willens ist, die USA ernst zu nehmen, solange Barack Obama im Weißen Haus residiert. Noch vor einem Jahrzehnt hätte es selbst Russland mit seiner neu gewonnenen militärischen Stärke nicht gewagt, einen Hilfskonvoi zu attackieren, der im Prinzip mit US-amerikanischer Rückendeckung fuhr. Das zu tun, hätte das Risiko einer militärischen Reaktion aus Washington mit sich gebracht, wie wir sie während der Amtszeiten von Reagan, Clinton und beiden Bush-Regierungen gesehen haben. Aber solange Obama Präsident ist, wird eine Vergeltung durch die USA ausbleiben.“
Assad führt Weltgemeinschaft vor
Der Angriff auf den UN-Hilfskonvoi war eine bewusste Provokation durch das Assad-Regime, ist sich Público sicher:
„Fahrzeuge mit dem UN-Symbol ein paar Stunden nach dem Ende eines Waffenstillstands anzugreifen und all das während die Welt in New York über Syrien diskutiert? Warum nicht?. ... Der Waffenstillstand den US-Außenminister John Kerry beschwörend als die 'letzte Chance, um Syrien zu retten' bezeichnete, ist seit Montag klinisch tot. ... War dieser Angriff beabsichtigt? Nun, Assad wäre das zuzutrauen. Hat wohl die Tatsache geholfen, dass sich die Staatengemeinschaft am Rande der UN-Vollversammlung in New York gerade zwischen zwei Konferenzen zum Thema Flucht und Migration befand? ... Oder, dass es sich um die letzte UN-Vollversammlung von Ban Ki-moon und Barack Obama handelte? Natürlich hat das geholfen!“
Kriegsverbrechen muss bestraft werden
Die Bombardierung des UN-Hilfskonvois in Syrien hat nicht nur die Hoffnung auf eine dauerhafte Waffenruhe im Land zerstört, sondern zeigt auch die Skrupellosigkeit des Assad-Regimes, urteilt The Guardian:
„Es scheint, als genieße das syrische Regime das Gefühl totaler Straffreiheit. Es fürchtet sich vor nichts und niemandem. Weder Baschar al-Assad noch seine Streitkräfte haben Anlass zu glauben, dass sie für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen werden. … Aber niemand sollte Angriffe wie den vom Montag so leichtfertig durchführen dürfen. Die Kommission für Internationale Gerechtigkeit und Verantwortlichkeit (CIJA) hat mit Blick auf eine mögliche Strafverfolgung des Assad-Regimes begonnen, Beweismaterial zu sammeln. Sie verdient Unterstützung. Nicht nur, weil Syrer Gerechtigkeit verdient haben, sondern auch, um Zivilisten in künftigen Konflikten zu schützen. Wenn Kriegsverbrechen nicht verhindert werden können, sollten sie zumindest bestraft werden.“
Ende der syrischen Hölle nicht in Sicht
Russland und die USA haben in Syrien offenbar nicht mehr genügend Einfluss auf ihre Verbündeten, analysiert die Frankfurter Rundschau:
„Das Regime will keinen Frieden, Bashar al-Assad ganz Syrien zurückerobern. So muss man wohl die Botschaft aus Damaskus verstehen am Ende der siebentägigen Waffenruhe, die ihm das verbündete Russland und die feindlichen USA mit ihrem Vertrag von Genf vor die Nase gesetzt hatten. Der Diktator fühlt sich am militärisch längeren Hebel. ... Russland kann dem Assad-Regime nicht einmal mehr die kleinsten humanitären Gesten abringen. Der Einfluss der USA auf die Rebellen ist so gering, dass diese nicht im Traum daran denken, sich von ihren dschihadistischen Bundesgenossen zu distanzieren. Und so schlägt nach dem Kollaps der Feuerpause nun wieder die Stunde der Regionalmächte sowie der Kombattanten vor Ort. Alle werden zusätzliche Waffen liefern und die nächste blutige Runde einleiten. Und auf die zermürbte Bevölkerung warten weitere Jahre in der syrischen Hölle.“
USA haben die Kontrolle verloren
Chaos dominiert die Syrien-Strategie der USA, klagt Avvenire:
„Russland, der Iran und Damaskus versuchen den militärisch für sie günstigen Augenblick zu nutzen, um ihre Position zu stärken. Für sie ist der Kampf gegen die Dschihad-Terroristen des IS Mittel zum Zweck, um sich gegen die gesamte sunnitische Opposition in Stellung zu bringen. Eine sicherlich zynische Politik, doch weitaus klarer als die des Westen, vor allem der USA. Die Regierung Obama scheint längst unfähig, klare Entscheidung in Syrien zu treffen. Sie hat sich verfangen bei der zwielichtigen Unterstützung verschiedener Oppositionsgruppen. Sie will den IS in Syrien und dem Irak vernichten, doch ihr Verhalten gegenüber vielen anderen Gruppen, die dem radikalen Dschihadismus nahe stehen, bleibt widersprüchlich. ... Während also Russen und Iraner ihre Milizen und Schachfiguren auf dem Feld unter Kontrolle zu haben scheinen, herrscht im Gegenlager offenkundig das allergrößte Durcheinander.“
Die Mär von der Weltgemeinschaft
Die Bombardierung des humanitären Konvois wird keine Folgen haben, denn die Weltgemeinschaft ist nicht mehr als ein Papiertiger, klagt die Neue Zürcher Zeitung:
„In der Uno geht der Begriff der 'internationalen Gemeinschaft' leicht über die Lippen. Wie ein Mantra wird an etwas appelliert, an das man gerne glauben möchte. Doch die 'internationale Gemeinschaft' ist ein Wunschbild, keine Realität. Verstünden sich die Staaten tatsächlich als eine Gemeinschaft, würden sie kaum so egoistisch ihre Eigeninteressen verfolgen und dem Unglück anderer so geduldig zuschauen. Der Fall Syrien illustriert dies exemplarisch. Der dortige Bürgerkrieg tobt seit mehr als fünf Jahren, und doch ist der sogenannten Weltgemeinschaft zu dieser Katastrophe bisher nicht viel Konstruktiveres eingefallen als der Bau von Flüchtlingslagern und die Lieferung von Hilfsgütern. Letztere vermag sie nicht einmal wirksam zu schützen, wie die Attacke vom Montagabend zeigt. “
Ohnmacht der Uno beenden
Syrien zeigt einmal mehr, dass die Uno keine Macht mehr hat, klagt El Periódico de Catalunya:
„Dieser Krieg ist das jüngste Anzeichen dafür, dass die Vereinten Nationen dringend eine Reform brauchen. Seit Jahren redet man und plant Veränderungen, aber jede Initiative versandet. ... Die Struktur der Uno entspricht der Situation von damals, mit 51 Mitgliedsstaaten und einem Sicherheitsrat, in dem die Siegermächte als ständige Mitglieder eine tödliche Waffe in der Hand halten, die der Lösung von Konflikten im Weg steht: das Vetorecht. Die Welt hat sich seit 1945 verändert. Das sieht man schon an den aktuell 193 Mitgliedsstaaten. Syrien ist das jüngste Opfer dieser Struktur. Nicht das einzige, aber das offensichtlichste Anzeichen für die Ohnmacht der Uno und ihre diplomatische Unfähigkeit bezüglich eines Kriegs, der sich eindeutig gegen die Zivilgesellschaft richtet.“