Die Nacht, in der in Schweden nichts passierte
"Schaut, was gestern Nacht in Schweden passiert ist!" Mit diesem Satz vor seinen Anhängern in Florida hat US-Präsident Trump für Furore gesorgt. Die Anspielung auf einen Vorfall mit Einwanderern, der gar nicht stattgefunden hat, kommentierten viele Schweden humoristisch auf Twitter. Später twitterte Trump, er hätte seine Informationen aus einer Reportage auf Fox News bezogen. Einige Kommentatoren finden, Schweden sollte durchaus kritisiert werden - egal von wem.
Schweden sollten selbstkritisch bleiben
Nach den Äußerungen von US-Präsident Trump fühlen sich viele Schweden bemüßigt, ihr Land zu verteidigen, bemerkt Expressen und fordert mehr Selbstkritik:
„Plötzlich scheint es, vor allem in der linken Ecke, eine Art unausgesprochene Erwartung zu geben, dass alle Schweden gute Verkäufer der Aktiengesellschaft Schweden sein sollten. Diese neue linke ideologische Kleiderordnung wäre vor ein paar Jahren noch undenkbar gewesen: sei Optimist, lobe die Medien und sei ein loyaler Schwedenfan. Dieses pflichterfüllende Fahnenschwenken muss ein Ende haben. Denn auf lange Sicht ist ein Diskussionsklima, in dem man wütend das Bild der Nation nach außen verteidigt, nicht gesund. “
Trump kann gar nicht übertreiben
Es gibt in Schweden durchaus viele Probleme mit Einwanderern, bemerkt Berlingske verbittert und nimmt Trump in Schutz:
„Schweden hat die misslungenste Einwanderungspolitik der Neuzeit betrieben und im schwedischen Folkhemmet [Volksheim, veralteter, heute oft herablassend gebrauchter Begriff für den Wohlfahrtsstaat] wird die Verantwortung bei allen abgeladen. Das wird dann Solidarität genannt. In der schwedischen Presse sind Fake News und Verschleierungsmanöver rund um die Uhr üblich, so dass der Präsident der USA ruhig davon zehren kann. Man kann das nur noch schwer übertreiben, egal, was man sagt. Schweden ist ein groteskes Land, das Stoff für Tweets, Reden und Tiraden bis in die nächste Wahlperiode hinein gibt.“
Stockholms Reaktion ist viel zu zögerlich
Zwar reagierten viele Schweden auf Twitter mit Humor auf Trumps Lüge, doch äußerte sich die schwedische Regierung viel zu lasch, bemängelt The Independent:
„Diese lakonische und nicht-konfrontative Reaktion ist typisch schwedisch - und das kann einen fast wütend machen. Ein amerikanischer Präsident hat unverschämt über einen seiner europäischen Alliierten gelogen. Einen Alliierten, der politisch nahezu diametral entgegengesetzt steht zu Trumps rechtem, angstgeschwängertem Populismus. ... Trumps Ausbruch hätte seiner einen Monat alten, abtrünnigen Regierung eine internationale Krise bescheren sollen. Trump hätte sich gegen die globale Verurteilung seiner Lügen verteidigen müssen. Aber dafür hätte Schwedens Premier Löfven auf direkte und kraftvolle Weise reagieren müssen. ... Man lässt sich damit eine echte Gelegenheit entgehen, Trumps junge Präsidentschaft bis ins Mark zu treffen.“
Klassische rechtsextreme Desinformation
Trump bedient sich mit seinen Aussagen direkt aus dem Baukasten der extremen Rechten, bemerkt Aftonbladet:
„Trumps Rede ist ein Beweis für die Stärke der rechten Desinformationskanäle. Die Fox Reportage ist eine direkte Kopie des Schwedenbildes wie es Avpixlat [Onlineportal, das den einwanderungsfeindlichen Schwedendemokraten nahesteht] seit Langem verbreitet. ... Das rechtsextreme Netzwerk arbeitet nicht zufällig global. Gemeinsames Ziel ist es, rassistische Lügen zu verbreiten. Und Journalisten als Feinde des Volkes auszumachen, wie Trump es tat. Auch das ist eine Idee der Rechtsextremen hierzulande. Wenn sie sich immer weiter verbreitet, schwächt das die Schutzmechanismen der Demokratie.“