PiS gegen Wiederwahl von Ratspräsident Tusk
Die national-konservative polnische Regierungspartei PiS hat den Europaabgeordneten Jacek Saryusz-Wolski als Gegenkandidaten für den Posten des EU-Ratspräsidenten nominiert. Amtsinhaber Donald Tusk könnte beim EU-Gipfel in dieser Woche wiedergewählt werden. Nicht nur Polens Presse reagiert mit Kopfschütteln auf den Schritt der PiS.
Rein persönliche Aversion
Mit Europapolitik hat das Scharmützel um Donald Tusk nichts zu tun, analysiert Hospodářské noviny:
„Zur Erklärung des langandauernden sinnlosen Streits muss man sich die persönlichen Motive der Beteiligten anschauen. Seit 2005 ist Polens Politik von Spannungen zwischen Jarosław Kaczyński und Donald Tusk geprägt. Sie waren der Motor, der die Politik antrieb. Besonders persönlich und emotional wurde das Verhältnis im April 2010 nach der Havarie der Präsidentenmaschine mit dem Staatsoberhaupt und Bruder von Jarosław Kaczyński, Lech, an Bord. Für Kaczyński und dessen treueste Politiker verkörpert Tusk den Verrat und paktiert mit den ewigen Feinden Polens - Russland und Deutschland. ... Laut einer Umfrage von Rzeczpospolita würden 54 Prozent der Polen Tusk gern weiter an der Spitze des Europäischen Rats sehen. Gegen ihn sind 27 Prozent - genau der Kern der Wählerschaft der regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit. Für die spielt Kaczyński sein Spiel, von dem er ahnen muss, dass er es nicht gewinnen kann.“
Außenpolitik der PiS ist einzige Katastrophe
Diese nutzlose Kandidatur von Saryusz-Wolski ist der vorläufige Höhepunkt der schwachen Außenpolitik der aktuellen polnischen Führungsriege, kritisiert das Boulevardblatt Fakt:
„Durch die PiS-Regierung sollten wir eigentlich in Europa endlich an Reputation gewinnen, die wir durch den angeblich so bösen Tusk über Jahre hinweg verloren haben. Wir sollten außenpolitisch endlich wieder aktiver werden und Verbündete gewinnen. Und was haben wir? Verbündete haben wir beispielsweise gar keine. ... Die PiS verhehlt noch nicht mal, dass Saryusz-Wolski keine Chance hat, EU-Ratspräsident zu werden. Für sie ist nur wichtig, dass dies nicht wieder dieser böse Tusk wird! Und was sagen dabei unsere potenziellen Verbündeten in Osteuropa? Sie fürchten, dass dieses Amt von einem Westeuropäer besetzt wird. Und für die PiS sind diese Westler sowieso nur irgendwelche Weicheier, die sich der deutschen Propaganda beugen.“
Polens Konservative blamieren sich selbst
Polen darf seine internen Konflikte nicht nach Brüssel tragen, mahnt das konservative Blatt Rzeczpospolita:
„Natürlich ist Saryusz-Wolski ein Politiker, der in Europa anerkannt ist und die Realitäten in Brüssel sehr gut kennt. Doch ändert das nichts daran, dass er überhaupt keine Chance hat, EU-Ratspräsident zu werden. Indem die PiS Tusk offiziell die Unterstützung verweigert und ihren Gegenkandidaten aufstellt, macht sie genau das, was ihr die Opposition vorhält: Sie trägt innenpolitische Konflikte von Polen auf die europäische Bühne. Sie bricht in ganz Europa einen Streit vom Zaun, nur um Tusk zu schaden. Das lässt nicht nur den Vorsitzenden der PiS, sondern die gesamte Partei in einem schlechten Licht dastehen.“
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