Endet die Eiszeit zwischen Paris und Moskau?
Vor glanzvoller Kulisse hat Emmanuel Macron zu Wochenbeginn Wladimir Putin auf Schloss Versailles empfangen. Beim Kampf gegen Terror und im Ukraine-Konflikt sahen der französische und der russische Präsident Möglichkeiten der Kooperation. Paris werde aber Chemiewaffenangriffe auf Zivilisten in Syrien in Zukunft nicht unbeantwortet lassen, so Macron.
Macron besteht den Putin-Test
Die unabhängige Tageszeitung RBK lobt Macron für seine Souveränität beim Treffen mit Putin:
„Nach dem Handschlag-Test mit Donald Trump konnte der französische Präsident auch dem kühlen und müden Blick Wladimir Putins standhalten. ... Wer mit Investmentbankern verkehrt, der weiß, dass ihre Sichtweise auf Partner und auf die Welt sich von der politischen und der öffentlich-wohltätigen unterscheidet. Sie ist ungewöhnlich pragmatisch und äußerst direkt. Die Natürlichkeit, mit der Macron eine Ausweitung der Sanktionen im Falle einer Eskalation der Ukraine-Krise in Aussicht stellte, harmonierte ganz gut mit dem respektvollen Gesprächston gegenüber Putin. ... Er wollte es Putin weder bequem noch unangenehm machen. Er sprach einfach gerade heraus. So wirkte Putin bei der Pressekonferenz wie ein Juniorpartner, der dem Hausherrn bewusst die Initiative überlässt und, anders als gewöhnlich, nicht mit Schroffheit reagiert.“
Im Dissens vereint
Trotz des pompösen Empfangs für Putin im Schloss Versailles glaubt die Frankfurter Allgemeine Zeitung nicht, dass es zu einem Neustart der Beziehungen zwischen Frankreich und Russland kommt:
„In den beiden wichtigsten Dossiers gibt es wenig Gemeinsamkeiten. Aus der westlichen Ukraine-Politik, die derzeit sogar noch von Trump getragen wird, kann Macron nicht ausbrechen, ohne ernsthaften Streit mit der deutschen Kanzlerin zu riskieren, seiner wichtigsten Verbündeten. Und in Syrien geht es eben nicht nur um die Bekämpfung des Terrorismus, sondern auch um das Schicksal Assads. Frankreich, das sich gerade für Europa entschieden hat, wird sich kaum für Putins antiwestliche Allianzen begeistern.“
Macron steht für Enschlossenheit
Mit Macron könnte der Westen zu einer Außenpolitik der Stärke zurückfinden, freut sich Le Figaro:
„Macron hat im goldenen Glanze von Versailles einen neuen Ton gegenüber Putin angeschlagen: entschlossen und direkt. Mehr konnte er in der aktuellen Lage nicht machen. Aber auf Worte und Posen folgt nun die Zeit des Handelns. In Sachen Ukraine, Syrien sowie anderen Konflikten besteht das Problem des Westens seit Langem darin, dass auf Worte eben keine Taten folgen. Emmanuel Macron scheint dies zur Kenntnis genommen zu haben, wenn er sagt, er glaube nicht an die 'Diplomatie der öffentlichen Beleidigung'. Er will Geopolitik als das begreifen, was sie ist: ein Kräftemessen. Das bedeutet nicht, ständig Kanonenbootpolitik zu betreiben, sondern ohne Naivität und Schwäche miteinander zu sprechen. Kurz gesagt: konkret und effizient zu sein. Um erste Beweise zu erbringen, bietet sich dem Präsidenten ein wunderbares Manövrierfeld: Europa.“