Warum Polen allergisch auf Timmermans reagiert
EU-Kommissar Frans Timmermans hat Polens Regierung am Donnerstag harsch kritisiert. Warschau zeige keinerlei Kompromissbereitschaft im Streit über die Justizreform und versuche nicht einmal, die Bedenken der EU-Kommission auszuräumen. In Polen wurde diese Kritik von vielen empört aufgenommen. Die polnischen Medien erläutern warum.
Droht EU-Kommissar mit deutschem Angriff?
Extrem besorgt über die Rede Timmermans vor dem EU-Parlament zeigt sich das regierungsnahe Onlineportal Wpolityce.pl:
„Besonders beunruhigend ist eine Passage, die die Grenzen betrifft: 'Als Deutschland stark genug war, wurde Polen 300 Kilometer nach Osten verschoben. Und als Russland sehr stark war, wurde Polen 300 Kilometer nach Westen gedrängt.' Diese Beschreibung soll ausdrücken, dass wir heute dank der EU in keine Richtung verdrängt werden. Das Problem dabei ist, dass aus diesen Worten nicht hervorgeht, dass nicht nur die russische Bedrohung, sondern auch die deutsche nicht mehr aktuell ist. Ganz im Gegenteil: Wenn nur die Mitgliedschaft in der EU die Deutschen davon abhält, wieder die Grenzen Polens zu verschieben kann man nicht von einer fundamentalen Veränderung sprechen. ... Die Natur der Dinge ist und bleibt, wie sie war.“
Rotes Tuch für die Rechten
Die empörte Reaktion auf Timmermans Rede kann der regierungskritische Autor Adam Szostkiewicz in Polityka nicht nachvollziehen:
„Frans Timmermans wirkt wie ein rotes Tuch auf die politische Rechte. ... Die Propagandamedien der PiS greifen ihn an als wäre er ein bolschewistischer und nicht ein EU-Kommissar. Aber Timmermans handelt in einer guten und richtigen Sache. Solange Polen ein Mitglied der Europäischen Union ist, der es ohne äußeren Zwang beigetreten ist, sollte es die Grundsätze der Union in Bezug auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit achten.“