Bildungsgesetz in Ukraine sorgt für Ärger
Das Parlament in Kiew hat eine Bildungsreform verabschiedet, die das ukrainische Schulsystem modernisieren soll. Kritik kommt insbesondere aus Ungarn und Russland und verhaltener auch aus Rumänien und Polen. Dort ist der Unmut groß, dass der Unterricht in Minderheitensprachen künftig deutlich eingeschränkt werden soll.
Poroschenko dürfte das Gesetz durchwinken
Warum ein Veto Poroschenkos unwahrscheinlich ist, erklärt der Publizist Zsolt Badó auf dem Meinungsportal Mandiner:
„Erstens: Bei der Verabschiedung des Gesetzes äußerte sich Poroschenko in den höchsten Tönen darüber. So bezeichnete er es als 'einen Schlüssel zur Zukunft der Bildung' im Land. … Das Gesetz wird nicht nur von den maßgeblichen Medien in der Ukraine begrüßt, sondern auch von den minderheitenfeindlichen und nationalistischen Parteien. Angesichts der chaotischen Zustände im Land verfügen Letztere obendrein über das größte Mobilisierungspotenzial in der Gesellschaft. Sollte der Präsident also doch ein Veto einlegen, würde er prompt die rechtsradikalen Kräfte mit ihrer martialischen Massenbasis gegen sich aufbringen. ... Ein Nein Poroschenkos zum Gesetz ist demnach ziemlich unwahrscheinlich.“
Präsident sollte Veto einlegen
Die Ukraine ist dabei, einen großen Fehler zu machen, warnt die Frankfurter Allgemeine Zeitung:
„Dabei ist das Ziel des umstrittenen Paragraphen durchaus legitim: die Stärkung des Ukrainischen in den Schulen des Landes. Aber so, wie er jetzt formuliert ist, liegt der nicht nur aus Russland, sondern auch aus Polen, Rumänien und Ungarn geäußerte Verdacht nahe, damit sollten die Sprachen der Minderheiten ganz aus den Schulen verdrängt werden. Das freilich würde nicht das Ukrainische stärken, sondern bedeutende Teile der Bevölkerung dem ukrainischen Staat entfremden. Im Kampf um die Herzen und Köpfe der Menschen im russischsprachigen Osten des Landes hätte sich Kiew damit selbst eine schwere Niederlage bereitet. Präsident Poroschenko sollte gegen dieses Gesetz sein Veto einlegen.“
Schändlich, zynisch und selbstmörderisch
Ihrer Empörung Luft macht die Tageszeitung Magyar Nemzet:
„Schande. Mit diesem Wort sind die grundlegenden Änderungen im neuen Bildungsgesetz vielleicht am besten zu bezeichnen. ... Eine Schande, weil das modifizierte Gesetz die Verfassung des Landes und zahlreiche internationale Verträge missachtet. Es schränkt den freien Gebrauch der Minderheitensprachen ein, was einer Diskriminierung gleichkommt. Und wenn wir auch noch die politische Elite, die das Gesetz verabschiedet hat, beschreiben wollen, dann kommt uns beim besten Willen das Wort 'zynisch' in den Sinn. … Mit diesem Gesetz verübt die Ukraine praktisch Selbstmord. Denn wie anders ist es zu nennen, wenn ein Vielvölkerstaat wie die Ukraine gegen seine Minderheiten vorgeht?“
Rumänische Minderheit im Stich gelassen
Während sich Ungarn empört, kommt aus Bukarest keinerlei Reaktion, bedauert Politikexperte Radu Carp auf dem Blogportal von Adevârul:
„Rumänien ist in der ukrainischen Problematik in zweierlei Hinsicht blockiert. Erstens mangelt es seit Ewigkeiten an einer politischen Vision im Umgang mit der Ukraine, sodass wiederholte Verletzungen der Rechte der rumänischen Minderheit dort unbeachtet blieben. Zweitens fehlt eine Strategie, wie man mit Menschen- und Minderheitenrechten in bilateralen Beziehungen umgehen soll. Es ist kein Zufall, dass die rumänische Minderheit nicht nur in der Ukraine einem diskriminierenden Regime unterliegt, sondern auch in Serbien und bis zu einem gewissen Grad auch in Ungarn. Diese Kombination ist tödlich für die rumänische Diplomatie.“