Steuerdeals: Brüssel knöpft sich Ikea vor
Die EU-Kommission nimmt Ikea wegen möglicher Steuervermeidung ins Visier. Zwei Abkommen mit dem niederländischen Staat könnten dem Möbelhaus unzulässige Vorteile verschafft haben. Aufmerksam wurde Brüssel auf den Fall auch durch einen Bericht der Grünen im Europaparlament. Kommt Europas Kampf gegen Steuertricksereien voran?
Eine gnadenlose Rabattschlacht
Für die Süddeutsche Zeitung zeigt der Fall Ikea erneut, was falsch läuft in der europäischen Steuerpolitik:
„Der Staat ist eben kein Möbelhaus: Er hat nicht die Aufgabe, Sofagruppen zu verkaufen, sondern öffentliche Aufgaben zu erfüllen. Das kann nicht gelingen, wenn Preisschlachten den Unternehmenssteuersatz auf annähernd null Prozent drücken. ... So verdienstvoll aber die verschärfte Kontrolle durch EU-Kommissarin Margrethe Vestager ist: Turborabatte für global operierende Unternehmen sind mittlerweile so verbreitet, dass das Phänomen viel zu groß ist für ein paar Brüsseler Wettbewerbshüter allein. Die übergeordnete Frage, zu welchen Konditionen Weltkonzerne in der EU Geschäfte machen, lässt sich nur politisch beantworten. Die EU-Regierungen sollten sich endlich auf einheitliche Tarife einigen.“
Endlich bewegt sich was
So langsam geht es mit dem Kampf gegen Steuertricksereien in der EU voran, analysiert das Wirtschaftsblatt Les Echos:
„Die EU-Kommission hat 2016 eine Richtlinie zur Bekämpfung von Steuervermeidung verabschiedet, die verhindern soll, dass Gewinne unzulässig verschoben werden. Zudem hat sie dieses Jahr 'hybriden Gestaltungen' den Kampf angesagt - diese erlauben es multinationalen Konzernen, Steuern zu vermeiden und die Niederländer sind hier Spezialisten. Den Haag hat bis 2020 Anpassungen zugesichert, wenn die neuen Regelungen in Kraft treten. Die Fortschritte werden also häppchenweise umgesetzt und sind möglich, weil die säumigen Staaten angeprangert und dazu gezwungen werden. Wenn diese nicht vor ihrer eigenen Tür kehren, gehen sie das Risiko ein, sich früher oder später neuen, mit qualifizierter Mehrheit beschlossenen Regeln beugen zu müssen.“
Was man schon jetzt tun kann
Behörden auf nationaler wie EU-Ebene sollten alles daransetzen, Scheinkonstruktionen zur Steuervermeidung aufzudecken, drängt Financial Times:
„Wie viele Menschen beschäftigt ein Unternehmen auf einem Inselchen im Atlantik oder im Zentrum Europas wirklich? Welche nicht finanziellen Vermögenswerte besitzt es? Wo wurden seine Patente angemeldet? Wenn die Eigentumsverhältnisse nicht der wirtschaftlichen Realität entsprechen, sollten grenzüberschreitende Zahlungen blockiert oder besteuert werden. Eine harte Hand bei der Durchsetzung geltender Regeln ist natürlich nicht so attraktiv wie eine tiefgreifende Reform. Doch sie bedarf weniger internationaler diplomatischer Anstrengungen. Jedenfalls braucht es dazu Entschlossenheit - und die legt die EU-Kommission nun offenbar an den Tag.“