Kompromiss im Streit um den Namen Mazedonien?
Skopje und Athen nähern sich offenbar einer Lösung des mehr als 25 Jahre währenden Streits um den Namen der früheren jugoslawischen Republik Mazedonien. UN-Vermittler Nimetz unterbreitete zuletzt fünf Namensvorschläge, die alle das Wort Mazedonien enthalten. Der Streit hat nach Ansicht von Kommentatoren aber auch eine größere Dimension.
Nato- und EU-Beitritt nicht länger aufschieben
Mazedonien sollte endlich der Nato und EU beitreten, statt ewig vertröstet zu werden, fordert Jutarnj list:
„Wenn man Mazedonien nicht schleunigst in die Nato aufnimmt und mit dem Staat EU-Beitrittsverhandlungen beginnt, wird Russland leichtes Spiel haben, seinen Einfluss zu erweitern. Wenn der Streit um den Namen auch diesmal nicht gelöst wird, werden die Folgen für Mazedonien noch schwerer wiegen als bisher. ... Oft wird betont, Mazedonien sei im Recht, weil Griechenland den Nato- und EU-Beitritt nicht aufgrund bilateraler Fragen blockieren darf. Doch das hat nichts genützt. ... Es ist höchste Zeit für die EU, sich dieser Last zu entledigen und mit einem normalen Erweiterungsprozess in der Region fortzufahren.“
Die Wut der Griechen nicht ignorieren
Man sollte die Wut der Griechen ernst nehmen, findet die Tageszeitung Kathimerini:
„Die Griechen fühlen sich erschöpft und gedemütigt. Einer der Fehler in den ersten Jahren der Schuldenkrise war die rachsüchtige Haltung ausländischer Gläubiger gegenüber dem Land. Ihre Einstellung, verbunden mit der finanziellen Not, die durch die Sparmaßnahmen verursacht wurde, hat viel Spannung erzeugt. Die Griechen sind verärgert, weil sie sich wiederholt in ihrem Stolz angegriffen fühlen. Vielleicht hat der Namensstreit nun einfach das Fass zum Überlaufen gebracht. Ein großer Teil der Bürger hält es für verrückt, dass Griechenland gegenüber einem kleinen und machtlosen Land Zugeständnisse macht.“
Regierung hintergeht mazedonisches Volk
Wenn die mazedonische Regierung einem Kompromiss zustimmt, unterschreibt sie ihr eigenes Todesurteil, schimpft die Tageszeitung Kurir:
„Der einzige, der magische, der perfekte Name unseres Staats lautet Republik Mazedonien. Alles andere wäre eine dumme griechische Erfindung, die zum Ziel hat, das mazedonische Volk zu quälen. Die Tage von Außenminister Dimitrow und von den anderen Vaterlandsverrätern der Regierung sind gezählt. Nun hängt alles davon ab, ob die Opposition in diese hinterlistige Falle tappen wird oder die Regierung sowohl innen- als auch außenpolitisch ans Messer liefert. Doch das blüht ihnen sowieso, egal wie diese ganze schrecklich sinnlose, unnütze und tragische nationale Saga um unseren schönen Namen Republik Mazedonien enden wird.“
Nationalistische Hysterien endlich überwinden
Es ist Zeit, endlich die Wunde des Namensstreits zu schließen, appelliert To Vima:
„In FYROM und in Griechenland scheint sich viel verändert zu haben in den letzten 25 Jahren, und wir hoffen, dass die Bedingungen reif sind, damit endlich Schluss ist mit diesem ausweglosen Hyperpatriotismus. Es besteht die Chance, nationalistische Hysterien endlich zu überwinden. … Wenn die derzeitige Führung der Gegenseite das, was sie sagt, ernst meint, wenn sie tatsächlich bereit ist, einen komplexen Namen [der das Wort Mazedonien enthält] anzunehmen und die irredentistische Stimmung aufzugeben, wird es tragisch sein, wenn einige aus eigennützigen Gründen eine Vereinbarung untergraben. Sie werden der Geschichte gegenüber rechenschaftspflichtig sein, aber auch den griechischen Bürgern gegenüber, die ihnen irgendwann ihr Schicksal anvertraut haben.“
Der Name ist gewiss nicht Mazedoniens Problem
Mazedonien hat viel größere Probleme als den Namensstreit mit Griechenland, kommentiert Kolumnist Wenko Gligorow in Fokus:
„Angenommen wir kommen zu einer Einigung im Namensstreit mit Griechenland, was fraglich ist, denn es muss auch innenpolitisch ein Kompromiss erreicht werden: Wem nutzt die Änderung des Namens, wenn sich der ganze Staat im Zusammenbruch befindet? Sollte nicht das Ziel der Politik sein, eine bessere Zukunft für alle zu schaffen? Oder irre ich mich? … Hoffentlich liege ich falsch, doch wenn die Regierung nicht alsbald strukturelle Reformen einleitet, werden auf Mazedonien schlimme Zeiten zukommen, vielleicht sogar die schlimmsten, die es je gab.“
Der richtige Zeitpunkt für eine Lösung
Im Namensstreit zwischen Athen und Skopje ist jetzt die Zeit für Kompromisse gekommen, drängt Kathimerini:
„Die Entwicklungen im Namensstreit sind eine Lektion darüber, wie man Außenpolitik nicht betreiben sollte, da die politischen Führer in Griechenland in einem Rausch gefangen sind, den sie selbst kultiviert haben. Sie verschleuderten wertvolles strategisches Kapital und ließen sich mehrere wichtige Gelegenheiten entgehen, die Athen erlaubt hätten, den kleineren nördlichen Nachbarn als einen Satelliten zu haben. Jetzt, da es in Skopje zum ersten Mal eine gemäßigte und pro-europäische Regierung gibt, scheinen die Bedingungen reif für eine würdevolle Lösung. Berlin und Brüssel wollen unbedingt einen Durchbruch, weil sie einen Erfolg für Europa brauchen.“
Schluss mit der Starrköpfigkeit
Alle Seiten sollten im Namensstreit Einsicht zeigen, mahnt Efimerida ton Syntakton:
„Ob wir es wollen oder nicht, es existieren auf der Grundlage internationaler Verträge drei Gebiete, die gemeinsam als die Region Mazedonien bezeichnet werden. ... Unser 'eigenes' Gebiet ist geographisch das größte, aber das berechtigt uns nicht, das Ganze zu beanspruchen. Dies gilt auch für das Nachbarland. ... Es gibt sowohl das griechische als auch das bulgarische sowie das slawische Mazedonien. Wir alle sollten dies akzeptieren und loslassen. … Jeder hat das Recht auf Selbstbestimmung, sofern dies nicht im Widerspruch zu den Regeln und Prinzipien des Völkerrechts steht.“