Ungarn will Strafsteuer für Flüchtlings-NGOs
Die nationalkonservative Regierung von Viktor Orbán will Flüchtlingsorganisationen, die aus dem Ausland finanziert werden, künftig mit einer Strafsteuer belegen. Regierungsvertreter nennen die Gesetzesinitiative ein „Stop-Soros-Paket“ - unterstützt doch der ungarnstämmige US-Milliardär George Soros viele Flüchtlings-NGOs im Land. Nicht nur ungarische Medien zeigen sich angesichts der Pläne verstört.
Zündstoff fürs mediale Trommelfeuer
Das Gesetz gegen NGOs dient vor allem dem Wahlkampf, führt Der Standard aus:
„Der jüngste Gesetzesvorschlag, der die Arbeit auslandsfinanzierter Flüchtlings-NGOs einschränken soll, richtet sich angeblich gegen Organisationen, die illegale Migration unterstützen. Das wären etwa Schlepperbanden, die sich aber bekanntlich nicht in gemeinnützigen Vereinen organisieren. Doch Regierungsvertreter scheinen knapp drei Monate vor der Wahl im Trüben fischen zu wollen. Sie nennen das Gesetz einfach 'Stop-Soros-Paket' und knüpfen damit an ihr monatelanges mediales Trommelfeuer an.“
Das Niederträchtigste aus Ungarn herausgeholt
Es ist eine Schande, in welche moralischen Niederungen die Regierung Orbán die ungarische Gesellschaft geführt hat, meint Schriftsteller Gábor Nógrádi in der Wochenzeitung hvg:
„ Es lohnt sich, darüber nachzudenken, was gewesen wäre, wenn Ungarn seine [ihm nach der EU-Quote zugeteilten] rund 1.200 Flüchtlinge aufgenommen hätte. Was wäre gewesen, wenn die regierungsnahen Medien und die zahllosen Plakate im Land nicht Angst, Hass und Panik verbreitet hätten, sondern den Flüchtlingen offen und verständnisvoll begegnet wären? … Es ist nicht das erste Mal in Ungarns Geschichte, dass die Landesführung unschuldige Lämmer zu Wölfen erzieht. Wir kennen das Ende: Sturz, Zusammenbruch, seelisches Trauma. Denken wir an die Zeit nach den beiden Weltkriegen, als Ungarn aus einem Alptraum erwachen musste. … Es wäre an der Zeit, der Selbstzerfleischung ein Ende zu setzen.“
Regierung Orbán alles andere als christlich
Die Wähler haben es in der Hand, das herrschende Klima zu verändern, meint Magyar Nemzet:
„Ausgerechnet eine Regierung, die sich die Verteidigung christlicher Werte auf die Fahne geschrieben hat, handelt dem christlichen Ethos zuwider. Die Menschen in Angst und Panik zu versetzen, ist weder christlich noch konservativ noch bürgerlich. ... Viele Ungarn sind ratlos: Was kann man unter diesen Umständen tun, was ist die richtige Lösung? Vielleicht sollten wir uns die Worte von Papst Johannes Paul II. in Erinnerung rufen, die er vor fast vierzig Jahren bei seiner Amtseinführung sprach: 'Habt keine Angst. Öffnet Eure Tore für Christus! Öffnet die Staatsgrenzen, die wirtschaftlichen und politischen Systeme, das weite Reich der Kultur, der Zivilisation und des Fortschritts.' Ohne Angst kann uns viel gelingen. Auch [bei der Parlamentswahl] im April und danach.“