Erfüllt Macron Frankreichs Erwartungen?
Einen großen Neuanfang hatte der im Mai 2017 gewählte französische Präsident seinen durch mehrere Skandale verdrossenen Bürgern versprochen. Inwieweit er das Vertrauen der Franzosen inzwischen gewinnen konnte, diskutieren die Medien kritisch.
Geduld der Bürger ist bald zu Ende
Bei zwei Nachwahlen für die Nationalversammlung hat Macrons Partei La République en Marche schlechter abgeschnitten als bei den Wahlen im vergangenen Jahr. Die Bürger wollen endlich Veränderungen sehen, weiß Le Figaro:
„Emmanuel Macron hat das 'Glück', dass ihm Gewerkschaften gegenüberstehen, die kaum Mobilisierungskraft haben, und Oppositionsparteien, die sich wenig Gehör verschaffen. Von den französischen Bürgern selbst hat er jedoch mehr zu befürchten. Seit der Präsidentschaftswahl haben sie sich geduldig gezeigt. Doch wie lange bleiben sie das noch? Sollten die durchgeführten und angekündigten Reformen - für Beschäftigung, Kaufkraft und Sicherheit - nicht fruchten, könnte ihnen der Geduldsfaden reißen und das Vertrauen verpuffen. Nach den vielen gebrochenen Versprechen der vergangenen Jahre lassen sie sich diesmal nichts mehr vormachen.“
Untere Schichten schwer zu gewinnen
Eine aktuelle Meinungsumfrage zeigt, dass das Vertrauen der Franzosen in die Politik nur sehr langsam wieder steigt. Bislang überzeugt Macron nur die Wohlhabenden, während der Rest auf Ergebnisse wartet, analysiert das Wirtschaftsblatt Les Echos:
„Der zweite Kreis ist der der echten Mittelschichten: Sie warten oft ab, erwarten logischerweise Konkretes und sind empfindlich hinsichtlich der Entwicklung ihrer Kaufkraft. Von dort her rührt die Angst der Regierung: Werden sie Ende Januar die Auswirkungen der Reform der Sozialbeiträge spüren, die für die Angestellten normalerweise positiv sein sollten? Der dritte und am weitesten vom Zentrum entfernte Kreis besteht aus resignierten oder aufgebrachten Nichtwählern und Globalisierungsverlierern. ... Der Kampf gegen die französische Misere wird noch viel Zeit in Anspruch nehmen.“