Kroatiens Präsident Milanović sichert sich zweite Amtszeit
Zoran Milanović hat in Kroatien die Stichwahl um das Präsidentenamt mit großer Mehrheit gewonnen. Der Amtsinhaber setzte sich mit mehr als 74 Prozent der Stimmen klar gegen den von der konservativen Regierungspartei HDZ unterstützten Ex-Minister Dragan Primorac durch. Milanović kommt aus der Sozialdemokratischen Partei, er war von 2011 bis 2016 Premierminister und hat seit 2020 das Amt des Staatschefs inne.
Seine direkte Art kommt an
Večer erläutert, warum Milanović so deutlich gesiegt hat:
„Er nimmt kein Blatt vor den Mund und ist oft nicht staatsmännisch. ... Milanović ist definitiv kein prorussischer Politiker. Es ist sehr wahrscheinlich, dass er keine Verbindung zum Kreml hat. Er traut sich nur, das auszusprechen, was andere nicht sagen. Er bezeichnete den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu ohne zu zögern als Mörder. Er sagte, das Kosovo sei Serbien abgenommen worden. ... Mit seiner täglichen Kritik an Plenkovićs Regierung und seinem leichten EU-Skeptizismus hat er sich nicht nur bei den Linken, sondern auch bei den Rechten Sympathien erworben. Milanović schont niemanden.“
Vehementer Kritiker der eigenen Kaste
Milanović ist nur scheinbar ein Anti-Establishment-Politiker, meint wPolityce.pl:
„Wie überall in Europa wächst auch in Kroatien die Unzufriedenheit der Wähler mit einem politischen Establishment, das sich immer weiter vom Leben der einfachen Menschen entfernt. Nur in Kroatien profitiert jedoch ein typischer Vertreter dieses Establishments von dieser Unzufriedenheit. Denn genau das ist Zoran Milanović, ehemaliges Mitglied der Kommunistischen Partei, politisch und intellektuell geprägt in einem Umfeld, von dem er sich nie gelöst hat. Alle Experten sind sich einig, dass er als Ministerpräsident einer der schlechtesten Regierungschefs in der Geschichte des freien Kroatiens war. Milanović macht jedoch seine Unfähigkeit zu regieren durch politisches Geschick und Demagogie wett.“
Noch mächtiger, noch mürrischer
Zoran Milanović mit all seinen Mängeln ist nun politisch stärker als je, konstatiert Večernji list:
„Kroatien wird weiterhin von einem Präsidenten repräsentiert, der dessen Verfassung nach eigenem Ermessen deutet, der sich weiterhin mit dem Premierminister und der Regierung streiten wird, statt ein Garant für die Stabilität der Staatsmacht zu sein, der mit verbalen Eskapaden und Beleidigungen weiterhin eine Kultur der Gewalt fördert, der gegen eine Aufrüstung der Armee ist und in diesen turbulenten Zeiten Kroatiens Verbündete in der Nato und anderen euroatlantischen Bündnissen verwirren wird. Auf den ersten Blick bleibt also alles beim Alten, doch eine Veränderung gab es: Im Präsidentenbüro herrscht ab heute ein noch mächtigerer und mürrischerer Milanović.“
Die Kroaten wollen ihn halt
Nichts konnte Milanovićs überzeugenden Sieg verhindern, so Dnevnik:
„Dies war schon vor der Wahl klar. Die HDZ wollte nicht das Risiko eingehen, ein politisches Schwergewicht in die Schlacht zu schicken, und versuchte es lieber mit dem wenig bekannten Kandidaten Primorac. Die Tatsache, dass er ein Vielfaches von Milanovićs Wahlkampfsumme ausgab und versuchte, Würde zu bewahren, konnte die fehlende politische Erfahrung nicht wettmachen. Auch der am vergangenen Freitag veröffentlichte Bericht über eine angebliche Einflussnahme russischer Bots zugunsten Milanovićs wirkte wie ein hoffnungslos schwacher Versuch, im letzten Moment noch das Wahlergebnis zu beeinflussen. ... Die Kroaten haben abgestimmt und den Präsidenten gewählt, den sie wollen.“
Zusammenarbeit wichtiger denn je
Ein anderer Umgang zwischen Präsident Milanović und Premier Plenković wäre das Gebot der Stunde, findet Jutarnji list:
„Das Verhältnis zwischen dem Präsidenten der Republik und dem Premier wird so bleiben wie in den letzten fünf Jahren, also angespannt, zerstritten, unkooperativ und nichtsnutzig. Und diese Erkenntnis bereitet Sorgen. ... Milanović und Plenković sind gleich geblieben, doch die Welt, in der wir leben, ist es nicht mehr. Sie hat sich sehr verändert und wir können nicht mehr vorhersehen, was das Morgen bringt. Unser Land wird von Menschen geführt, die nicht in der Lage sind, das eigene Ego zu vergessen und die gegenseitige Abneigung so lange abzulegen, bis sie wenigstens das Minimum an gemeinsamen Pflichten erledigt haben.“
Es grüßt der nächste Populist
Die Süddeutsche Zeitung ist besorgt:
„Die Versuche seiner politischen Gegner, ihn als Marionette des Kreml darzustellen, haben Milanović offenkundig nicht nur nicht geschadet, sondern ihm eine Welle trotziger Zustimmung beschert. Indem er militärische Hilfen für die Ukraine ablehnt, trifft er sichtlich einen Nerv. Wie nah er Putin wirklich steht, ist umstritten; sicher ist, dass Milanović im eigenen Land nicht nur die Regierungspartei, sondern auch Institutionen des Staates mit Attacken überzieht. ... [D]ass er weiter das Amt des Regierungschefs anstrebt, ist kein Geheimnis. Der Rest der EU darf sich schon einmal auf die Möglichkeit einstellen, dass in ihrem Südosten der nächste Populist zum Angriff auf lang gehegte liberaldemokratische Gewissheiten bläst.“