Heikler Zagreb-Besuch des serbischen Präsidenten
Der serbische Präsident Aleksandar Vučić hat seine kroatische Amtskollegin Kolinda Grabar-Kitarović besucht. Dass Journalisten vor Ort verboten wurde, dem Gast Fragen zu seiner nationalistischen Vergangenheit zu stellen, hatte Proteste ausgelöst. Kommentatoren aber raten, Kroatien solle lieber davon profitieren, dass Serbien sich jetzt als europäisch zu präsentieren versucht.
Charmeoffensive kommt Zagreb gelegen
Dass Vučić versucht, die EU zu bezirzen, sollte Kroatien für sich nutzen, findet die Journalistin Sandra Veljković in Večernji list:
„Hat der Kroatien-Besuch Vučić bei seiner diplomatischen und politischen Imagekampagne geholfen? Selbst wenn - wir sollten dies klaren Kopfes und zielgerichtet zu unserem eigenen Vorteil ausnutzen. ... In Situationen wie dieser, wenn eine Seite versucht, einen besonders guten Eindruck zu hinterlassen und sich kooperativ vor der Weltöffentlichkeit präsentiert, und der serbische Weg in die EU schlussendlich auch von Kroatien abhängt, eröffnet sich Spielraum zur Verwirklichung kroatischer Ziele. ... Wir werden vielleicht nie eine bessere Gelegenheit bekommen, Serbien - das unter Beobachtung der EU und der USA steht - dazu zu bringen, sich mit offenen Fragen auseinanderzusetzen.“
Vučić versucht den Spagat
Der serbische Verteidigungsminister hatte vor der Abreise Vučićs verkündet, Zagreb sei voller Ustaša-Kämpfer und der Besuch sinnlos. Da im März die Lokalwahl in Belgrad ansteht, musste sich Vučić bei seinem Zagreb-Besuch europäisch geben und gleichzeitig an die Wähler zuhause denken, meint Danas:
„Unser Leben wird beharrlich durch jede Störung des serbisch-kroatischen Verhältnisses beeinflusst. Da Vučić zusätzlich zulässt, dass die Öffentlichkeit durch die Schreierei seines wehrdienstunfähigen Verteidigungsministers aufgeputscht wird, bestätigt sich, dass der Preis hoch ist, den er bereit ist, für einen Wahlsieg in Belgrad zu zahlen. Und es bestehen Zweifel, ob wir die Kraft besitzen, eine demokratische und freie Gesellschaft zu werden. ... Ein eventueller Erfolg von Vučićs Besuch in Zagreb darf kein gleichzeitiger Misserfolg für seine Partei sein.“
Entschuldigung Vučićs wäre unglaubwürdig
Dass der serbische Präsident sich für Kriegsverbrechen der Vergangenheit entschuldigen könnte, hält Večernji list für vollkommen unrealistisch:
„Diejenigen in Kroatien, die wirklich glauben, dass es je zu einer Entschuldigung kommt, oder denen sie etwas bedeuten würde, sind in der Minderheit. Auch würde wohl kaum jemand annehmen, dass die Entschuldigung ehrlich wäre und nicht nur rein formell, erzwungen oder 'politisch korrekt'. Eine Entschuldigung muss ehrlich sein, um Gewicht zu haben. Und seien wir realistisch: Man würde Vučićs Entschuldigung nicht in diesem Sinne auffassen. Denn seine Politik und Einstellung zu Kroatien und den Kroaten hat Kontinuität.“
Wer muss hier wen entschädigen?
Wer auf Kriegsentschädigungszahlungen von Serbien wartet, tut das vergebens, meint Novi list:
„In den 23 Jahren seit Kriegsende war eine Entschädigung nie Thema ernsthafter Gespräche mit der serbischen Führung. ... Ein Grund war die Faulheit der kroatischen Politikerkaste, die sich mehr um die eigene Bereicherung und ihre Staatskarossen kümmert, als um nationale Interessen. ... Der zweite Grund, und das wird vielen unangenehm aufstoßen, ist, dass auch kroatische Streitkräfte zerstört, gebrandschatzt und gestohlen haben, weshalb - falls man je Gespräche begonnen hätte - man fair hätte ausrechnen müssen, wem was zusteht. Falls je Verhandlungen darüber in Gang kommen, braucht man sich nicht zu wundern, wenn die Gegenseite darauf besteht.“