Deniz Yücel ist frei, der große Jubel bleibt aus
Nach einem Jahr in türkischer Haft ist der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel wieder frei und hat am Freitag die Türkei verlassen. Nach einem Urlaub will er seine Arbeit wieder aufnehmen. Für Kommentatoren ist die Freude über seine Freilassung allerdings keine ungetrübte.
Mit Rechtsstaatlichkeit hat das nichts zu tun
Deniz Yücels Freilassung ist kein Sieg der Rechtsstaatlichkeit, bedauert T24:
„Es ist nicht notwendig, die Äußerungen von Minister Sigmar Gabriel lang und breit wiederzugeben. Es ist vollkommen ausreichend, einen einzigen Satz aufzugreifen: 'Dass Deniz Yücel seine Freiheit wiedererlangt hat, ist ein Sieg der Diplomatie.' [Paraphrasierung von Gabriels Äußerungen nach der Freilassung]. Das Ganze hat also mit Recht und Ähnlichem überhaupt nichts zu tun. Wenn diese Freilassung an den Juristischen Fakultäten gelehrt wird, müssen auch diese Worte Gabriels unbedingt eingerahmt und an die Wand gehängt werden. Im Namen des heute in der Türkei geltenden Rechtsstaats und dessen Rechtsordnung.“
Jauchzen bleibt im Halse stecken
Die Tageszeitung Bild betont, dass noch lange keine Pressefreiheit in der Türkei herrscht:
„Im Gegenteil. Deniz Yücel wurde am Freitag freigelassen - sechs andere Journalisten im selben Atemzug von türkischen Gerichten zu teils lebenslangen Haftstrafen verurteilt. 150 weitere sitzen noch in Haft. Nein. So unendlich groß die Freude über die Freiheit unseres Kollegen Deniz Yücel auch ist: Über die offene Wunde der Türkei kann es nicht hinwegtäuschen: die Abwendung vom Westen, von unseren Werten. Wir haben einen Kollegen zurück - aber es ist ein sehr weiter Weg, bis die türkische Führung wieder ein demokratischer Freund oder verlässlicher Partner wird.“