Kosovo feiert zehn Jahre Unabhängigkeit
Zehn Jahre Unabhängigkeit von Serbien - dieses Jubiläum haben am Samstag Tausende Kosovaren in der blau-gelb geschmückten Hauptstadt Pristina begangen. Wie viel Anlass der heutige Kosovo zum Feiern hat, ist unter Kommentatoren jedoch umstritten. Denn trotz internationaler Milliardenhilfen prägen Armut, Korruption und organisiertes Verbrechen bis heute das Leben vieler der 1,9 Millionen Kosovaren.
Trauriges Jubiläum
Die lang ersehnte Unabhängigkeit hat dem Kosovo bisher wenig genützt, findet Novi list:
„Auf der einen Seite die Feierlichkeiten inklusive [eines Konzerts der Popsängerin] Rita Ora, auf der anderen Seite die traurige Realität dieses siebten Staates, der aus dem Zerfall Jugoslawiens hervorging. Angesichts der schwierigen Wirtschaftslage ist die Kluft zwischen Freude über die Trennung von Serbien und die erreichte Unabhängigkeit einerseits und Depression aufgrund der realen Lebensumstände andererseits wahrscheinlich größer als bei den anderen ex-jugoslawischen Republiken, die sich in einem ähnlichen Dilemma befinden. ... In all diesen Staaten aber gibt es Bitterkeit darüber, dass die teuer bezahlte Unabhängigkeit nicht den ersehnten Wohlstand gebracht hat.“
Kosovaren müssen selbst Verantwortung übernehmen
Die ausländischen Gelder, die in den Kosovo geflossen sind, sowie die politischen Vorgaben von außen haben oft verhindert, dass die Kosovaren selbst Verantwortung übernehmen, meint die Neue Zürcher Zeitung:
„Die Zeit ist deshalb reif dafür, dass der Westen sein Engagement zurückfährt und so auch Raum schafft für eine Erneuerung der verkrusteten Politik. Das ist nicht ohne Risiko, doch es ist der jüngsten Nation Europas zuzumuten. Ohne Demokratisierung von innen bleiben die Impulse für die Zukunft aus. Die gegenwärtigen Strukturen stehen jenen im Weg, die das Land aufbauen wollen - und entmutigen die talentierten Mitglieder der Diaspora, die gerne zurückkehren und dabei helfen würden.“
Auf dem Balkan bleibt die EU ein Friedensprojekt
Die Tageszeitung Die Presse jedoch bleibt hoffnungsvoll. Sie glaubt an die friedensstiftende Wirkung des EU-Beitrittsprozesses und sieht Österreich als Anwalt der Balkanländer:
„Anwalt für den Weg des Kosovo, aber auch Serbiens, in die EU. Dass dafür in diesen Staaten - und der EU - noch Reformen durchzuführen sind, ist klar. Klar ist aber auch: Auf dem Balkan hat die EU noch das Potenzial eines Friedensprojekts: Die Idee, dass der Verlauf von Grenzen in einer Union keine große Rolle mehr spielt, ist konfliktentschärfend. Das betrifft Kosovo und Serbien, aber auch Länder wie Mazedonien oder Bosnien und Herzegowina.“