Das Karfreitagsabkommen dem Brexit opfern?
In Großbritannien mehren sich die Stimmen von Brexit-Befürwortern, die das Karfreitagsabkommen für Nordirland überdenken wollen. Ihrer Meinung nach steht es einem harten Brexit im Weg. Das Abkommen von 1998 hatte den jahrzehntelangen Bürgerkrieg zwischen Katholiken und Protestanten in Nordirland beendet. Kommentatoren sind entrüstet.
Es droht ein neuer Bürgerkrieg
Ohne das Karfreitagsabkommen wäre der fragile nordirische Frieden ernsthaft in Gefahr, warnt The Sunday Times:
„Der Zwang zur Koalition [der beiden stärksten Parteien] bildete den Kern der 1998 etablierten neuen Form einer nordirischen Regionalregierung. Keine Seite konnte ohne die andere einen Schritt tun. Wenn nun der pro-irischen Sinn-Fein-Partei, der stärksten repräsentativen Kraft der Nationalisten, ihr Vetorecht genommen wird, wie das einige vorschlagen, liefe das de facto auf eine Alleinregierung der Unionisten-Partei DUP hinaus, die eine Mehrheit der Wähler hinter sich hat. Damit wäre Nordirland zurück beim Casus Belli des früheren Bürgerkriegs mit seinen 3.600 Todesopfern.“
So wird man kein verlässlicher Partner
Sollte die britische Regierung das Karfreitagsabkommen dem Brexit opfern, würde sie das sicher schnell bereuen, ist The Irish Times sicher:
„Die eifrigen Brexit-Verfechter begreifen erst jetzt, dass der Vertrag von 1998, den man als Teil der britischen Verfassung sehen muss, einen EU-Austritt nach ihren Vorstellungen unmöglich macht. ... Sie glauben, ein befreites Großbritannien werde mit Staaten in aller Welt großartige Handelsabkommen abschließen. Was ihnen nicht einmal in den Sinn zu kommen scheint, ist: Niemand wird ein Land als verlässlichen Partner ansehen, das sein bedeutendstes internationales Abkommen seit 1972 so leichtfertig in Stücke reißt.“