Urteil zu inhaftierten Journalisten in der Türkei
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat die Türkei wegen der Inhaftierung von zwei Journalisten verurteilt. Die Kläger Mehmet Altan und Şahin Alpay hoffen nun, dass dies den Weg für ihre dauerhafte Freilassung bereitet. Denn als Mitglied des Europarats ist die Türkei verpflichtet, das Urteil umzusetzen. Kommentatoren hoffen außerdem, dass der Straßburger Richterspruch eine Wende markiert.
Für die Türkei höchst beschämend
Das türkische Verfassungsgericht hatte schon im Januar die Untersuchungshaft der beiden Journalisten als rechtswidrig beurteilt und ihre sofortige Freilassung angeordnet. Nach Kritik der AKP-Regierung hatten untergeordnete Gerichte das Urteil jedoch nicht umgesetzt. Beschämend, urteilt Hürriyet:
„Ist das nicht unglaublich traurig? Seit 35 Jahren steht in der Verfassung, dass die Urteile des Verfassungsgerichts für alle bindend sind, aber das EGMR in Straßburg muss uns daran erinnern! … Verfehlungen kommen als Bumerang vom Verfassungsgericht und allerspätestens vom EGMR zurück. Daher sollten wir in unserem Land universelle Rechte in erster Instanz in den Gerichten umsetzen, Rechtsverletzungen korrigieren und das Vertrauen in das Recht wiederherstellen. Damit wir erst gar nicht an die Türen in Straßburg klopfen müssen.“
Hoffentlich der Beginn eines Umdenkens
Viel zu spät haben die Richter reagiert, moniert der Türkei-Korrespondent der taz, Jürgen Gottschlich:
„Hunderte Beschwerden türkischer Journalisten, Lehrer, Akademiker und anderer verhafteter oder gefeuerter Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes in der Türkei stapeln sich seit Monaten in Straßburg. Obwohl die Richter wissen mussten, dass die türkische Justiz im Ausnahmezustand im besten Fall eine Fassade des Rechts wahrt, verwiesen sie auf den innertürkischen Rechtsweg und ließen die Opfer der Repression im Stich. Es ist zu hoffen, dass das Urteil von Dienstag den Beginn eines Umdenkens markiert. … Sämtliche europäische Institutionen einschließlich der Nato, in denen die Türkei ein gleichberechtigtes Mitglied sein will, sollten endlich gemeinsam und deutlich die Aufhebung des Ausnahmezustandes zur Voraussetzung für eine weitere Zusammenarbeit machen.“