Schmeicheleien führen nicht weit
Dass Macron die richtige Strategie gegenüber Trump fährt, bezweifelt Les Echos:
„Diese Reise hat uns einen großen Moment beschert, nämlich Macrons Rede im Kongress. Dennoch hinterlässt sie den bitteren Nachgeschmack des Unabgeschlossenen, der sich gleichzeitig auf den Inhalt und die Form bezieht. ... Man kann den französischen Präsidenten nur bei seinen lobenswerten Versuchen unterstützen, die Karte der emotionalen Nähe mit Donald Trump auszuspielen, die andere ungenutzt lassen. Doch einem Mann zu schmeicheln, um das Schlimmste zu vermeiden oder kleine Zugeständnisse zu bekommen ist das eine. Das andere ist, eine Sache, an die man glaubt, tatsächlich voran zu bringen.“
Nur gemeinsam sind sie stark
Kanzlerin Merkel und Präsident Macron haben während ihrer beiden Besuche bei Trump aus einem bestimmten Grund nichts erreicht, analysiert Polityka:
„Es sieht ganz danach aus, dass Macron und Merkel Trump nicht dazu gebracht haben, seine Meinung in Bezug auf den Iran oder in irgendeiner anderen Angelegenheit zu ändern. ... Macron und Merkel treten nicht als harmonisches Duett auf. Sie treten nicht als Repräsentanten der EU oder eines vereinten Europas auf, die Trump überzeugen könnten, die transatlantischen Beziehungen zu stärken.“
Bitte mit deutscher Sachlichkeit!
Eine klare Linie gegenüber Trump vermisst die Süddeutsche Zeitung bei Macrons Besuch und hofft nun auf Merkel:
„Erst Ringelpiez mit Anfassen bei Donald Trump, dann die rhetorische Keule gegen dessen Politik im Kongress. Was gilt nun? Und was verspricht sich Macron von dieser Taktik? … Was ... will der französische Präsident bezwecken, wenn er sich dem Niveau Trumps fügt und unter hohem Körpereinsatz Beziehungstheater spielt? ... Wer Trumps politisches Spiel imitiert, der wird von ihm geschlagen werden. An Eitelkeit ist der Mann nicht zu übertreffen. Wohl aber an Sachlichkeit und Verlässlichkeit. Trumps Stil darf deshalb nicht der Stil Europas werden. Merkel hat jetzt die Chance, den Fehler Macrons zu korrigieren.“
Auch Merkel sollte auf Tuchfühlung gehen
Mit seiner demonstrativ freundlichen Art erreicht Frankreichs Staatschef mehr als die deutsche Kanzlerin mit ihrer Distanz, glaubt Irish Examiner:
„Emmanuel Macron hat erkannt, dass es kontraproduktiv wäre, Donald Trump in der internationalen Politik als Paria zu behandeln - selbst wenn die beiden diametral entgegengesetzte Weltsichten vertreten. Angela Merkel muss diese Lektion erst lernen. Bisher waren ihre Kontakte mit Trump, gelinde gesagt, von kühler Distanz geprägt. Als Merkel das Weiße Haus im März vergangenen Jahres besuchte, lehnte Trump ihre Einladung zu einem Händedruck ab. Merkel nahm das ungerührt hin. Zwei Monate später bestand Macron bei seinem Besuch darauf, die Hand des US-Präsidenten zu schütteln, ob der das nun wollte oder nicht. Das macht Macron im Gegensatz zu Merkel zu einer treibenden Kraft und einem Macher in den internationalen Beziehungen.“
Originelles Lavieren verpufft wahrscheinlich
Macrons Changieren zwischen Lob und Kritik war einen Versuch wert, am Ende aber vermutlich vergeblich, meint die Historikerin Anne Applebaum in Gazeta Wyborcza:
„Diese Kombination - Schmeichelei bei gleichzeitig offener Kritik - hat noch keiner bei Trump versucht. Die freundlichen Gesten gefallen seinem Narzissmus. Es besteht sogar eine geringe Chance, dass er seine Haltung in einigen Fragen ändert. Es besteht jedoch ein deutlich größeres Risiko, dass ihn dieser offene Widerspruch verärgert. ... Am wahrscheinlichsten ist jedoch, dass der amerikanische Präsident nicht beachtet, was Macron ihm mitzuteilen versucht. Er versteht wahrscheinlich nicht einmal, dass er offen herausgefordert wurde.“