Baskische Eta löst sich auf

Mit einer Zeremonie wurde am Freitag im französisch-baskischen Cambo-les-Bains die Auflösung der Eta gewürdigt. Anwesend waren mehrere internationale Vermittler, jedoch keine Vertreter der großen spanischen Parteien. Dabei ist Spaniens Regierung nun gefragt, wenn es darum geht, die Aussöhnung voranzutreiben, finden Kommentatoren.

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Le Temps (CH) /

Madrid muss versöhnen

Die Zentralregierung muss den Basken nun entgegenkommen, fordert Le Temps:

„Spaniens Politik wird von einem Paradox beherrscht. Madrid hat lange Zeit das 'Katalanische Modell' - geprägt von gesundem Menschenverstand, Pragmatismus und kleinen, demokratischen Schritten - den baskischen Extremisten gegenüber gestellt. Heute sieht das ganz anders aus. Die Regierung von Mariano Rajoy bekommt Panik angesichts des Treibens der katalanischen Separatisten und will dem aufsässigsten Flügel der Basken absolut nichts zugestehen. Mit Blick auf die nächste Wahl will Madrid auf keinen Fall den Eindruck von Schwäche erwecken. Wahltaktisch gesehen ist das wahrscheinlich sinnvoll. Aber was die Versöhnung betrifft, ist das ein Desaster. Es war Zeit, dass die Eta stirbt. Aber jetzt muss man alles daran setzen, damit sie nicht wieder aufersteht.“

eldiario.es (ES) /

Staatsterrorismus stärkte Eta

Mit dem Einsatz der staatlich beauftragten Paramilitärs Gal gegen die Eta beging Spaniens Regierung in den 1980er Jahren einen fatalen Fehler, meint Chefredakteur Ignacio Escolar in eldiario.es:

„Die IRA gab 2005 die Waffen ab. Die italienischen Roten Brigaden schworen 2003 dem Töten ab, die deutsche RAF 1992. Man muss sich fragen, warum es Spanien erst als letztem westeuropäischen Land gelang, diese Art des Terrors zu stoppen. Die Antwort liegt wohl in den Schwächen der spanischen Demokratie begründet, sowie in den im Kampf gegen die Eta begangenen Fehlern. Der grundlegendste: die Gal, die Folter, der Staatsterrorismus. ... Dieser Fehler nährte jahrzehntelang die gesellschaftliche Unterstützung, von der der Fanatismus lebte, und rechtfertigte dessen Grundprämisse: Dass es sich um einen Krieg handelte, der das Töten legitimierte.“

Tages-Anzeiger (CH) /

Frieden im Baskenland eine Generationenaufgabe

Mit der Auflösung der Eta ist der gesellschaftliche Frieden im Baskenland noch lange nicht gesichert, warnt der Tages-Anzeiger:

„Es müssen tiefe Gräben innerhalb der baskischen Gesellschaft, aber auch zwischen einem beträchtlichen Teil der Basken und der grossen Mehrheit der Spanier zugeschüttet werden. Es wird eine Generationenaufgabe sein. Noch gelten für die Region harsche Antiterrorgesetze, die die Rechte der Bürger einschränken. So ist die Forderung nach Programmen zur Wiedereingliederung ehemaliger Eta-Kämpfer in die Gesellschaft nach wie vor eine Straftat, nämlich 'Unterstützung des Terrorismus'. Selbst die internationale Vermittlergruppe hat theoretisch gegen diese Gesetze verstossen.“

El Periódico de Catalunya (ES) /

Auch ein politischer Sieg

Zur Auflösung der Eta hat auch die parteiübergreifende Kontinuität bei den Friedensverhandlungen beigetragen, lobt Chefredakteur Enric Hernàndez in El Periódico de Catalunya:

„Eta wurde besiegt. Demokratie und Gesetz haben sich gegen den Irrsinn durchgesetzt. Aber es wäre ein Irrtum zu behaupten, der Einsatz von Polizei und Justiz habe gereicht, einen Konflikt zu entschärfen, der zwar in die Kriminalität mündete, der aber am Anfang politische Wurzeln hatte. ... Mariano Rajoy, der in der Opposition Demos gegen den Friedensprozess anführte und [dem damaligen Premier] Zapatero vorwarf, 'die Toten zu verraten' wurde stets über die Verhandlungen mit Eta informiert. Und als er an die Macht kam, und die Aufgabe der Gewalt bereits verkündet war, respektierte er die von seinem Vorgänger eingeschlagene Marschroute.“

El País (ES) /

Glorifizierung entgegentreten

Die beschönigende Selbstdarstellung der Eta ist unerträglich, findet El País:

„Die spanische Gesellschaft darf nicht zulassen, dass die Eta ihre eigene Grabinschrift formuliert, denn von ihrer Existenz bleibt keine positive Erinnerung. Im Gegenteil. Wir müssen den falschen Mythos entlarven, mit dem sich diese Leute umgeben, die nichts waren als Experten für Autobomben, Entführungen und Schüsse in den Rücken. Es gab niemals zwei Fronten. Es gab nur diejenigen, die töteten, und die anderen, die starben oder litten. Es gab weder einen bewaffneten Kampf noch einen zu lösenden Konflikt, der Konflikt war die Eta selbst. Ihre Mitglieder waren keine mutigen baskischen Soldaten. Das Heldentum gebührt allein denjenigen Bürgern, die nicht schwiegen und sich der Bande entgegenstellten.“

La Croix (FR) /

Gewalt in Europa nicht gebannt

Zwar wird nun das letzte Kapitel des westeuropäischen Terrorismus geschlossen, doch ein Ende der Gewalt ist nicht in Sicht, warnt La Croix:

„Mit dieser Auflösung erleben wir das Ende der letzten Terrorgruppe Westeuropas. … Die Lehren aus der Geschichte dürfen nie außer Acht gelassen werden. Gewalt ist eine Waffe, auf die die Extremisten jederzeit zurückgreifen können. Europa - und ganz besonders Frankreich - erfährt dies seit mehr als einem Jahrzehnt durch den islamistischen Terror. Gewalt ist auch eine Versuchung, wie wir am Dienstag während der Demonstrationszüge zum 1. Mai in Paris festgestellt haben. Es gab keine Todesopfer und auch keine Schwerverletzten. Die Ausschreitungen zielten 'nur' auf Geschäfte. Sie sind jedoch nicht weniger beunruhigend. Denn Gewalt ist eine Spirale, über die man leicht die Kontrolle verliert.“