EU verhängt Rekordstrafe gegen Google
Die EU-Kommission hat gegen Google eine Rekordstrafe für Einzelunternehmen ausgesprochen: 4,3 Milliarden Euro muss der Tech-Konzern wegen Missbrauchs seiner marktbeherrschenden Stellung zahlen. Kommentatoren freuen sich, dass EU-Kommissarin Vestager die Interessen der Verbraucher schützt und prophezeien, dass die EU sich bald weitere Tech-Giganten vorknöpft.
Die europäische Dänin
Politiken freut sich, dass Margrethe Vestager die Milliardenstrafe gegen Google durchgesetzt hat:
„Für die globalen Tech-Giganten ist Vestager keine Dänin, sondern Europäerin. Wenn die Unternehmen gezwungen sind, sie zu respektieren, dann nicht, weil sie, wenn nötig, sehr scharf sein kann. Auch nicht, weil sie ihr Geschäft als EU-Kommissarin für Wettbewerb so gut beherrscht. Sondern aus zwei Gründen: Hinter ihr steht ein geeintes Europa - die EU. Steuervermeidung, Wettbewerbsverzerrung oder Kartellbildung - sie hält sich nicht zurück, wenn es darum geht, die weltgrößten Unternehmen zur Verantwortung zu ziehen. Besser kann die EU nicht beweisen, dass die Gemeinschaft die Verbraucher schützen kann. ... Und ein bisschen dürfen wir auch stolz sein, dass sie von hier kommt.“
Brüssel ist noch lange nicht fertig
Der Kampf gegen die Digitalriesen ist vielleicht das größte Vermächtnis, was die Juncker-Kommission hinterlassen wird, betont Público:
„Die Kartellstrafe gegen Google mag zwar die größte bisher gewesen sein - aber Brüssel ist längst noch nicht fertig: Die Kommission wird sich auch Facebook wegen der Verletzung der Privatsphäre vorknöpfen, mehrere Plattformen werden aktuell wegen der Verbreitung von Hassreden untersucht, Amazon droht ein Prozess wegen Missbrauch seiner marktbeherrschenden Stellung und ein anderer läuft in gleicher Sache bereits gegen Google. Außerdem wird gegen all diese Unternehmen weiterhin wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ermittelt. Dies sind die ersten Schritte einer neuen EU, in der immer deutlicher wird, dass der Zugang zum EU-Markt nur denjenigen Unternehmen gewährt wird, die auch die arbeits-, sozial- und steuerrechtlichen Vorschriften einhalten.“
Milliardenstrafe kein Naturgesetz
Der Wirtschaftsphilosoph Rogier De Langhe hinterfragt in De Morgen, welchem Automatismus die Strafe der EU eigentlich folgt:
„Europa sieht die virtuelle Welt als einen Markt wie jeden anderen an und betont dessen von Unternehmen geprägten Charakter. Google betrachtet das Smartphone-Wirtschaftssystem als sein virtuelles Territorium, für das es neue, vom Staat erlassene Spielregeln geben müsse. ... Will Europa seine Verbraucher schützen oder opfert es diese, um seine Macht über die immer digitaler werdende Gesellschaft zu erhalten? ... Es ist nicht immer deutlich, wer die Spielregeln verletzt, überschreitet, verändert. Evolution oder Revolution? Sind Internetplattformen neue Akteure, die sich den bestehenden Spielregeln fügen müssen, oder wird die Digitalisierung zu einer Verschiebung der Regeln selbst führen?“
Ganz im Interesse der Konsumenten
Mit der Strafe gegen Google leistet die EU-Kommission einen Dienst am Verbraucher, lobt der Tages-Anzeiger:
„Im einfachen Weltbild des US-Präsidenten muss die Google-Strafe wie ein präventiver Gegenschlag der Europäer wirken. Dabei sind es an erster Stelle US-Konzerne wie Microsoft und Oracle, die das Verfahren ins Rollen gebracht haben. Margrethe Vestager leistet mit ihrer Rekordbuße gegen Google nicht nur den Konsumenten einen Dienst, sondern weltweit auch den Herstellern von Smartphones und den Entwicklern neuer Anwendungen. Wenn Google seine Knebelverträge für die Nutzung des Android-Systems überdenken muss, könnte dies ganz im Interesse der Konsumenten den Wettbewerb beleben.“
So gewinnt die EU Vertrauen zurück
Die Sanktion stärkt nicht nur den Wettbewerb, sondern dient der EU auch als vertrauensbildende Maßnahme, freut sich El Mundo:
„Dass die EU die Rekordstrafe von 4,3 Milliarden Euro für den Bruch von Anti-Monopol-Gesetzen verhängt hat, ist eine gute Nachricht für die Marktfreiheit und für die Rechte der Verbraucher. ... Die EU durchlebt gerade nicht ihre beste Phase. Aber die Entscheidung hilft dabei, das Vertrauen der Bürger darin zu stärken, dass die Institutionen sie vor den Machtexzessen der Konzerne beschützen.“
Innovation anstatt Milliardenstrafen
Die Geldstrafe gegen Google wird die Marktdominanz des Konzerns eher nicht brechen, erklärt Die Presse:
„[D]ie Praktiken von Google mögen zwar die Nummer-Eins-Position 'einzementiert' haben, wie EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager sagt. Der Grund für die Vormachtstellung des Unternehmens aus dem kalifornischen Palo Alto ist aber ein anderer: Google bietet seinen Kunden einfach außerordentlich gute Produkte an. ... Die Vormachtstellung von Google, Amazon oder Facebook kann also nicht durch Maßnahmen von Wettbewerbshütern gebrochen werden. Das kann nur besseren oder innovativeren Unternehmen gelingen. Und auch wenn es kaum vorstellbar erscheint, ist die Dominanz der Tech-Größen nicht in Stein gemeißelt.“
Google täte Demut gut
Wenn Google nicht aufpasst, fällt es beim Nutzer in Ungnade, warnt Lidové noviny:
„Die globale Nummer eins im Internet sollte ihren Fehler zugeben und sich den Vorwürfen des Machtmissbrauchs zulasten der Konkurrenz stellen. In eine ähnliche Position geriet vor geraumer Zeit Microsoft. Die Firma zog wegen ihrer Arroganz und ihrer Uneinsichtigkeit, Fehler begangen zu haben, allgemeinen Unmut auf sich. Google muss sich bewusst werden, dass es ebenso enden könnte, wenn es nicht zu seinen technologischen Wurzeln zurückkehrt und auf seine Leute für Marketing und seine Anwälte hört. Das wäre am Ende schmerzhafter als jede Strafe.“