Mazedonien: Abstimmung über Namensstreit-Lösung
Die Bürger der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien (Fyrom) entscheiden am Sonntag über den mit Athen ausgehandelten Kompromiss im Namensstreit, laut dem das Land bald Republik Nordmazedonien heißen soll. Voraussichtlich Anfang des kommenden Jahres stimmt das griechische Parlament über den Deal ab. Kommentatoren erläutern, was für alle Seiten auf dem Spiel steht.
Entscheidung zwischen Europa und dem Abseits
Beim Referendum am Sonntag geht es um viel mehr als nur den Namen, meint Tine Kračun, Direktor des slowenischen Think Tanks Institute for Strategic Solutions in Delo:
„Es ist vor allem ein Referendum darüber, ob Mazedonien seinen pro-europäischen Weg beschleunigen wird oder irgendwo im Osten ins Abseits gerät. Während sich die westlichen Staaten Mazedonien in der Nato wünschen, will auch Russland seinen Einfluss ausweiten. Russlands geostrategisches Interesse ist es, dass Mazedonien außerhalb der Nato bleibt. Auch China kann seine wirtschaftlichen Interessen leichter durchsetzen, wenn Mazedonien nicht Mitglied des euro-atlantischen Bündnisses ist.“
Nicht denselben Fehler machen wie die Briten
Fokus vergleicht das Referendum über die Namensänderung mit der Brexit-Abstimmung:
„Nach dem Brexit stellte sich heraus, dass vor allem die älteren und weniger informierten Bürger, die anfälliger für Manipulationen und Falschinformationen waren, für das Ausscheiden aus der EU gestimmt haben. Anders als die Briten werden sich die Mazedonier den Luxus, es sich anders zu überlegen, nicht leisten können, weil Mazedonien weder die Größe noch die wirtschaftliche Macht Großbritanniens besitzt. … Wie auch immer man am 30. September abstimmen will, kommt es also darauf an, dass man es informiert tut. Die Bürger müssen sich über das Abkommen [mit Griechenland] informieren und dann entscheiden, ob es ihre Lebensqualität zum Positiven oder zum Negativen beeinflussen wird.“
Tsipras' letzte Karte
Das Abkommen ist enorm wichtig für den griechischen Premier, erläutert Kathimerini:
„Tsipras achtet darauf, wie er heute [auf der internationalen politischen Bühne] wahrgenommen wird, und schaut auch auf den Tag danach. Dies könnte erklären, warum er an dem Abkommen festhält und seine Ratifizierung im griechischen Parlament vorantreibt. Er hat in der Vergangenheit nie wirklich gegen den Willen der Mehrheit gehandelt und weiß offensichtlich sehr gut, wie teuer der Deal für ihn werden kann. Da er aber bei vielen Linken nicht mehr gut ankommt und gegenüber den Finanzmärkten seinen Einfluss verloren hat, ist dies vielleicht die einzige internationale Karte, die er noch hat. Und er wird sie in den kommenden Monaten ausspielen.“