Brexit: Deal oder kein Deal?
Bis zum 21. November soll es, laut Brexit-Minister Dominic Raab, einen Austritts-Deal zwischen der EU und Großbritannien geben. Über diesen könnte noch vor Weihnachten im Parlament abgestimmt werden. Doch bislang zeichnet sich für keinen der bisherigen Vorschläge eine Mehrheit ab. Daher erörtern Kommentatoren erneut die Frage, ob Großbritannien nicht auch ohne Deal aus der EU aussteigen könnte.
Kein Deal wäre für uns Briten am besten
Keine Angst vor einem EU-Austritt ohne Abkommen mit Brüssel hat der konservative britische Abgeordnete Owen Paterson, wie er in The Daily Telegraph erklärt:
„Ein Brexit ohne Abkommen mit der EU könnte sich noch als beste Lösung für uns Briten erweisen. Wir wären nicht gezwungen, die EU-Austrittsrechnung zu bezahlen, die nicht zu rechtfertigen ist. Großbritannien würde mindestens 39 Milliarden Pfund zur Verfügung haben, die wir in den kommenden drei Jahren für Projekte ausgeben könnten, die uns wichtig sind, etwa im Bereich Verkehr oder Infrastruktur, um das Wachstum anzukurbeln. Die Studien der Economists for Free Trade zeigen, dass Gewinne durch den Brexit dem britischen Schatzkanzler bis 2025 jedes Jahr zusätzliche 65 Milliarden Pfund bescheren könnten. Durch den Abbau von Zöllen könnten wir die Kosten für Unternehmen und Konsumenten reduzieren.“
Nur neues Referendum kann die Wunden heilen
Gašper Jakovac, Lehrbeauftragter für englische Literatur an der Durham University, setzt sich in seinem Gastkommentar in Delo für ein erneutes Brexit-Referendum ein:
„Ich habe lange geglaubt, ein erneute Volksabstimmung würde die gesellschaftliche Polarisierung nur noch weiter verschärfen. Die Populisten nämlich, werden die 'Eliten', die an der Heiligkeit des Willens des Volkes zweifeln, weiterhin mit Freude des Zynismus beschuldigen. Heute bin ich davon überzeugt, dass nur ein erneutes Referendum die politische und gesellschaftliche Kluft heilen kann, die das erste Referendum ausgelöst hat. Diesmal mit einer Abstimmung über reale Vorschläge und ohne leere Versprechungen. ... Sollte das britische Parlament Theresa May das Misstrauen aussprechen, wird es auf der Insel, trotz der frühen Kälte, ein heißer Winter.“
Das anständige Großbritannien gibt es noch
Die Misstöne bei den Brexit-Verhandlungen dürfen nicht dazu führen, dass die Briten vom Rest Europas nur noch negativ wahrgenommen werden, mahnt The Irish Times:
„Großbritannien war in der jüngeren Vergangenheit einer der stärksten Kämpfer für Multilateralismus, Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaat. Sowohl links- als auch rechtsgerichtete Regierungen haben sich als großzügige Unterstützer von Entwicklungsländern erwiesen. Die Olympischen Spiele in London 2012 waren ein selbstbewusstes, weltoffenes Freudenfest im Geiste der Vielfalt. ... Die verstörenden Entwicklungen auf der anderen Seite der Irischen See in jüngster Zeit machen es umso nötiger, uns selbst daran zu erinnern, dass das anständige Großbritannien nicht verschwunden ist.“