Wahlen im Donbass: Öl ins Feuer?
In den von prorussischen Separatisten angeführten selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk wurden am Sonntag die Republikchefs und Parlamente gewählt - zum zweiten Mal seit 2014 und obwohl das Minsker Friedensabkommen Lokalwahlen nach ukrainischem Gesetz vorschreibt. Beobachter fragen sich, ob dieser vom Westen und Kiew nicht anerkannte Wahlgang den Konflikt im Donbass verschärft.
Ausgerechnet am 11. November
Dass die Wahlen im Donbass am gleichen Tag stattfanden wie die internationalen Feierlichkeiten zum Ende des Ersten Weltkriegs in Frankreich, findet Lietuvos žinios bemerkenswert:
„Unter den Gästen der Feierlichkeiten war auch Russlands Präsident Wladimir Putin, unter dessen Führung der Krieg im Donbass herrscht. Während die Staatsoberhäupter darüber sprachen, dass neue Kriege verhindert werden sollten, floss im Donbass weiter das Blut, starben die ukrainischen Soldaten. … In Donezk und Luhansk wählten die von Moskau unterstützten Separatisten die vom Kreml ausgesuchten Führer. Es ist klar, dass diese 'Wahlen' ein weiterer Schritt sind Richtung Eskalation des Kriegs im Donbass, in dem schon über 10.000 Menschen gefallen sind. Ist das Datum ein Zufall oder eine Ohrfeige Putins für Europa?“
Vor den ukrainischen Wahlen bewegt sich nichts
Anders sieht das Außenpolitik-Kommentator Maxim Jussin in Kommersant:
„Ich denke, eine Eskalation ist kaum zu erwarten. Eine weitere Verschlechterung der Beziehungen zwischen Moskau und Kiew kann man sich auch schwer vorstellen - sie sind sowieso auf dem Tiefpunkt. Die Reaktion Kiews war absehbar. Klar, für Kiew sind diese Wahlen unannehmbar. ... Was ändert sich nun? Im Großen und Ganzen nichts, denn allen ist klar, dass der Friedensprozess im Donbass, der sich ohnehin kaum vorwärtsbewegt, im kommenden Jahr eine Pause einlegt. Erst einmal muss in der Ukraine der Wahlzyklus beendet werden, wo im März die Präsidentenwahl und im Herbst die Parlamentswahl stattfinden. Erst danach könnte sich eine Chance auf irgendwelche politischen Entscheidungen ergeben.“
Eiternde Wunde mit Ansteckungsgefahr
Die EU darf sich nicht an das Unrecht in der Ostukraine gewöhnen, mahnt El País:
„Die simulierten Wahlen in den von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebieten der Ukraine lösen nichts in den selbsternannten 'Volksrepubliken'. ... [Für die meisten] EU-Staaten ist der Donbass eine abgelegene Region, die sie lieber ignorieren wollen. Europäische Diplomaten beschränken sich darauf, lethargisch auf der Notwendigkeit zu beharren, das am 12. Februar 2015 in Minsk unterzeichnete Abkommen zu erfüllen, ohne darüber nachzudenken, wie man selbst dazu beitragen könnte. Die Wunde am Donbass eitert und steckt uns alle an. Gemäß unserer gemeinsamen Werte dürfen wir europäischen Länder es uns nicht erlauben, Millionen von Menschen ihrem Schicksal als geopolitische Geiseln zu überlassen, als ob uns das nichts anginge.“