Was bedeutet Sachartschenkos Tod für den Donbass?
Zehntausende haben am Sonntag Abschied genommen von Alexander Sachartschenko, dem Anführer der international nicht anerkannten Volksrepublik Donezk. Er war am Freitag bei einer Bombenexplosion in einem Café getötet worden. Kommentatoren beleuchten die Auswirkungen des Anschlags für das Minsker Abkommen und die Zukunft des Donbass.
Der Minsker Frieden ist Geschichte
Der Tod des Separatistenführers Alexander Sachartschenko bedeutet auch das Ende des von Deutschland und Frankreich ausgehandelten Minsker Abkommens, kommentiert Népszava:
„Beide Seiten zeigen jetzt wieder mit dem Finger aufeinander. ... Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat nach dem Tod von Sachartschenko gesagt, was sowieso schon jeder wusste: Dass der Tod auch ein Einfrieren des Minsker Friedens zur Folge haben wird. Er hat es so formuliert: Die Einigung im Normandie-Format sei nicht weiter möglich. Sachartschenkos Liquidierung habe zu einer neuen Situation geführt, die erst untersucht werden muss. Aber auch davon abgesehen hätte man weder im Friedensprozess noch im russisch-ukrainischen Verhältnis ein Vorankommen erwarten können. Im kommenden Frühling wird in der Ukraine das Staatsoberhaupt gewählt und bis dahin will niemand etwas riskieren.“
Separatistenführer stand Putin im Weg
Alexander Sachartschenko könnte auf Wunsch Putins getötet worden sein, spekuliert das Onlineportal Delfi:
„Putin hat allmählich begriffen, dass der Fußball, den er Trump [beim Gipfel in Helsinki] geschenkt hat, nicht ausreichen wird. Im Gegenteil: Die USA werden die Sanktionen nicht nur nicht lockern, sondern diese solange verschärfen, bis es dem Herren des Kremls richtig weh tut. Es wäre für Putin kompliziert, auf die annektierte Krim zu verzichten. ... Die einfachste Variante, die Beziehungen mit dem Westen zu verbessern, wäre also die Einhaltung des Minsker Abkommens und die Übergabe der Kontrolle der teuren und perspektivlosen separatistischen Republiken von Donezk und Luhansk an internationale Streitkräfte. Sachartschenko hatte sich allerdings entschlossen, der reibungslosen Liquidierung der Republik Donezk im Weg zu stehen.“
Gefährliche Eskalation
Die Tötung Sachartschenkos kommt Moskau gerade Recht, glaubt Evenimentul Zilei:
„Sie erlaubt Russland, einen Schritt zurück zu machen und erneut einen Grund zu finden, die Diskussionen und Verhandlungen [über einen Waffenstillstand in der Ostukraine] zu verweigern, die Russland ohnehin seit vielen Jahren ablehnt. ... Noch schlimmer aber wird jetzt die generelle Mobilmachung in der Region sein und die mögliche Eskalation mit Schusswechseln. Selbst ein Generalangriff könnte möglich sein - jetzt, sechs Monate vor der Präsidentschaftswahl in der Ukraine.“
Konflikt könnte eingefroren werden
Wie sich die Lage in der Ostukraine in den kommenden Wochen entwickeln könnte, skizziert der Ex-Diplomat Wassyl Filiptschuk in Apostroph:
„War es tatsächlich eine glänzend ausgeführte Spezialoperation ukrainischer Geheimdienste? Dann erwartet uns mindestens die Wiederaufnahme vollwertiger Kampfhandlungen im Osten des Landes. Oder waren es interne Auseinandersetzungen in Donezk, und Mokau musste sich einmischen und 'Ordnung schaffen' in den besetzten Gebieten? Oder es gibt tatsächlich Absprachen über das schrittweise Einfrieren des Konflikts und die Verwandlung des Donbass in ein Gebiet mit ungewisser Zukunft.“
Im Donbass toleriert Westen Terror
Der Politologe Denis Denissow sieht das Schweigen der internationalen Gemeinschaft nach dem Anschlag in der Tageszeitung Iswestija als einen Beweis für die Doppelmoral in der Beurteilung des Konflikts in der Ostukraine:
„Mit ihrer Position (oder besser gesagt: deren Fehlen) demonstrieren die westlichen Partner der ukrainischen Führung, dass terroristische Methoden durchaus akzeptabel sind und nicht verurteilt werden, wenn sie den Donbass-Konflikt betreffen. ... Und hier geht es nicht nur um einen Terrorakt in Donezk, sondern um den Mord an einem Menschen, dessen Unterschrift unter der Minsker Vereinbarung steht. Man kann sich gut vorstellen, was los wäre, wenn jemand aus der ukrainischen Führung in Kiew in die Luft gesprengt worden wäre. Vermutlich hätte man noch vor Beginn der Ermittlungen harte Sanktionen gegen die Russische Föderation verhängt.“