Digitalisierung: Segen oder Fluch?
Ob Wirtschaft, Arbeitswelt, Schule oder Freizeit - ohne elektronische Datenverarbeitung geht es im Alltag kaum noch. Kommentatoren beschäftigen sich damit, wie weit die Digitalisierung schon vorangeschritten ist und was getan werden muss, damit sie den Menschen mehr Nutzen als Schaden bringt.
Huxleys und Orwells Alptraum
Sehr düster sieht der Wirtschaftswissenschaftler Platon Tinios in einem Gastbeitrag in Kathimerini die digitale Gegenwart und Zukunft:
„Die Befürchtungen bestätigen sich und Huxleys technologischer Alptraum trifft auf Orwells Politik. Technisch verstärkte Ungleichheiten befeuern den Totalitarismus, während das Fenster der Erlösung durch diese Erfindungen eng zu sein scheint. Die Entwicklungen werden durch Konkurrenz vorangetrieben und wenn man die Bremse betätigt, wird man an den Rand gedrängt. ... Ein Ausweg aus diesem Alptraum ist theoretisch vorhanden. Das Problem ist, dass wir die Lösung darin sehen, dass Menschen und Strukturen anpassungsfähig sind. Doch sie sind es nicht.“
Deutschland: Digitale Dritte Welt
Über die Rückständigkeit der Nachbarn beim Thema Mobilfunk und Digitalisierung kann der Deutschland-Korrespondent von De Telegraaf, Rob Savelberg, nur den Kopf schütteln:
„Bei der mobilen Erreichbarkeit ist die Bundesrepublik rückständig. ... Wenn man aus Berlin in die dünn besiedelte Pampa von Brandenburg fährt, ist es vorbei mit dem Spaß. Dann hat das Handy meistens kein oder kaum mehr Netz. Deutschland ist wie ein Dritte-Welt-Land. Die Hälfte von Ostdeutschland hat hier Probleme, und auch anderswo sorgen Berge oder fehlende Glasfaserkabel dafür, dass das Handy nicht funktioniert. ... Deutschland ist auf demselben Niveau wie Angola und liegt noch weit zurück hinter Ländern wie Bulgarien oder Mazedonien.“
Manchmal müssen Menschen auf Menschen treffen
Die Digitalisierung sollte nicht als Allheilmittel betrachtet werden, bemerkt Kristeligt Dagblad:
„Viele Probleme mit der Digitalisierung könnten gelöst werden, wenn wir aufhörten, diesen Prozess als etwas per se Gutes zu betrachten. ... Tatsächlich ist das ein Ausdruck für einen unreifen Umgang mit der Digitalisierung, was vermutlich darauf beruht, dass die Entwicklung erst 20-30 Jahre alt ist. Die gleiche Unreife zeigt sich übrigens im Umgang mit Smartphones und anderen Computern im privaten Bereich und in der Schule. Wir müssen genau überlegen, wann eine digitale Lösung sinnvoll ist, und wann es besser funktioniert, wenn Menschen auf Menschen treffen. Oft ist eine Kombination aus beidem die beste Lösung.“
Selber-Schreiben macht schlauer
Schulen sollten sich genau überlegen, wofür sie digitale Medien im Unterricht nutzen, meint Iltalehti:
„Der Einsatz von digitalen Medien in der Schule darf kein Selbstzweck sein. Aus der Gehirnforschung ist bekannt, dass Menschen sich besser an handgeschriebene Aufzeichnungen erinnern als an maschinengeschriebene Texte, da sie im ersten Fall das Lernen unterstützende Erinnerungsstrukturen aufbauen können. Trotz der Digitalisierungs-Euphorie muss in den Schulen offen darüber gesprochen werden, wann und in welcher Unterrichtssituation der Einsatz von digitalen Medien sinnvoll ist, damit Kinder und Jugendliche optimal lernen können.“