170 Menschen ertrinken, Rom hält Häfen geschlossen
Nach zwei Schiffsunglücken im Mittelmeer mit 170 Toten bleibt Italiens Innenminister Matteo Salvini hart. Er betonte erneut, dass sein Land Rettungsschiffen mit Migranten an Bord nicht seine Tore öffnen werde und machte Hilfsorganisationen für die Tragödie verantwortlich. NGO-Schiffe seien für Schlepper ein Anreiz. Kommentatoren kritisieren Salvini scharf.
Keine Helfer, keine Zeugen
Dass Italiens Innenminister die Tragödie erneut zum Anlass nimmt, Hilfsorganisationen anzugreifen, ist für die Süddeutsche Zeitung unerträglich:
„Als wären allein sie das Problem, als wirke ihre Präsenz wie ein 'Pull-Faktor', wie ein Magnet für Schlepper. Mindestens so stark ist in Wirklichkeit der 'Push-Faktor', der die Migranten auf die gefährliche Route über das zentrale Mittelmeer drängt: Libyens Auffanglager. Sie sind die Hölle. ... Noch eine These, die Salvini gerne für seine Propaganda gebraucht, ist eine Täuschung. Er behauptet: Gehen die Überfahrten zurück, sinkt auch die Zahl der Todesopfer. Prozentual, wenn man das so sagen darf, ist das Gegenteil wahr. Nie in den vergangenen Jahren war die Wahrscheinlichkeit größer, im Mittelmeer zu sterben, als heute. Das rührt daher, dass niemand mehr da ist, der rettet und wacht - keine Helfer, keine Zeugen.“
Massaker an der Wahrheit
Auch Marco Tarquinio, Chefredakteur von Avvenire, entrüstet sich über Salvini und Politiker-Kollegen, die dessen Einstellung teilen:
„Die Herren der Gleichgültigkeit und des Zynismus in Italien und Europa haben sich mit Menschenhändlern und libyschen Bandenführern verschworen, um Männer, Frauen und Kinder vor unserer Haustür sterben zu lassen. Menschen, die extreme Risiken eingingen, um noch größerem Leid zu entgehen. Die Politiker haben ihre Entscheidungen in Hasstiraden gegen humanitäre 'Gutmenschen' verpackt, die auf den sogenannten 'Booten der NGOs' versuchen, Leben zu retten. Wir haben es mit Massakern an Menschenleben und an der Wahrheit zu tun, über die die Geschichte richten wird. Aber diejenigen, die keine Worte der Menschlichkeit, des Mitgefühls oder des Gebets finden, sollten zumindest schweigen.“