Kurz vor neuer Abstimmung: EU geht auf May zu
Die EU ist der britischen Premierministerin May kurz vor der erneuten Abstimmung im Unterhaus beim Brexit-Abkommen entgegengekommen. So soll es ein rechtlich bindendes Zusatzdokument geben, das verhindert, dass Nordirland durch den "Backstop" dauerhaft im EU-Binnenmarkt bleibt. Das fürchten vor allem die Brexit-Hardliner. Werden sie dem Deal am heutigen Dienstag ihre Stimmen geben?
Nichts Neues aus Brüssel
Dass sich die Abgeordneten diesmal überzeugen lassen, wagt Antonello Guerrera, Korrespondent für Großbritannien und Irland, in La Repubblica zu bezweifeln:
„Es ist schwer vorherzusagen, wie sich das Parlament verhalten wird, wenn May heute ihr Glück erneut versucht, nach der epischen Niederlage vom 15. Januar. Gestern Abend haben zwar einige Brexiters positiv auf die Ankündigung der Regierung reagiert, aber es gibt immer noch unklare Punkte. Erstens müssen die rechtlichen Entwürfe noch vollständig veröffentlicht und von den Parlamentariern eingesehen werden. Zweitens: Diese Zusagen waren bereits in dem Schreiben von Juncker und dem Präsidenten des Europäischen Rats Tusk vor einigen Wochen enthalten. Das Abkommen selbst ist nicht angetastet worden.“
Stunde der Wahrheit für Westminster
Auch wenn keine Lösung überzeugt, müssen die britischen Abgeordneten nun eine endgültige Entscheidung treffen, betont Les Echos:
„Stärker als je zuvor sind jetzt die Briten gefordert, auch wenn sie sicher weiter versuchen werden, den Ball Brüssel zuzuspielen. Großbritannien wird zwischen einem Abkommen, das weder die Befürworter eines harten Brexits noch die Anhänger eines Verbleibs in der EU zufriedenstellt, und anderen Lösungen entscheiden müssen, für die es keine Mehrheiten gibt: wie etwa ein Austritt ohne Abkommen, ein Brexit mit Verbleib in einer Zollunion, eine Abkehr vom Brexit nach einem neuen Referendum. Eine unmögliche Entscheidung, doch in Westminster hat jetzt die Stunde der Wahrheit geschlagen.“
Gebt den armen Briten Asyl!
Der Kolumnist von De Volkskrant, Bert Wagendorp, kann nur noch schimpfen:
„Ehrlich gesagt, ich habe genug von den britischen Streichen und dem armseligen Zeitschinden von Theresa May, dieser politischen Naturkatastrophe. Ich habe Mitleid mit den vielen gutmeinenden Briten, die durch verbrecherisch unverantwortliche Politiker und ein manipuliertes Referendum in einer Situation landeten, die sie nie wollten, aber für die sie bald den Preis zahlen werden. Ich schlage vor, für diese das Asylverfahren zu vereinfachen. ... Und dann können wir zurückblicken auf Jahre, in denen die britische Politik zeitweilig unzurechnungsfähig war.“