Grönland-Streit: Trump sagt Kopenhagen-Besuch ab
Trump hat einen für Anfang September geplanten Staatsbesuch in Dänemark abgesagt, nachdem Kopenhagen seine Offerte, Grönland zu kaufen, ausgeschlagen hatte. Der US-Präsident begründete das mit der "bösen" Wortwahl von Premierministerin Frederiksen, die das Angebot "absurd" genannt hatte. Kommentatoren sind empört und spekulieren über die geopolitischen Folgen des Disputs.
Immobilienmakler auf Shoppingtour
Der bizarre Streit um die Pläne des US-Präsidenten, Grönland zu kaufen, zeigt, dass dieser bis heute nicht in seinem Amt angekommen ist, meint der Tages-Anzeiger:
„Offenbar agiert Trump auch als US-Präsident wie der mehr oder weniger erfolgreiche Immobilienhändler, der er war und im Grunde immer noch ist. Mit dem Unterschied, dass er sich nun anmasst, statt einen Wolkenkratzer eine über zwei Millionen Quadratkilometer grosse Insel samt Bodenschätzen und Eisbären zu kaufen. Was hat Trump sonst noch auf dem Einkaufszettel? Den Kongo? Da gibt es Diamanten und Kobalt. Oder Schottland mit seinen Golfplätzen? Donald Trumps Präsidentschaft ist die Fortsetzung seines Business mit anderen, viel potenteren Mitteln.“
Die EU ist der verlässlichere Partner
Das erratische Auftreten des US-Präsidenten macht deutlich, dass man sich nicht mehr auf die USA verlassen kann, schlussfolgert Politiken:
„Amerika ist natürlich ein naher und wichtiger Verbündeter. Aber die USA haben einen unvorhersehbaren Kurs eingeschlagen, der auch über die Präsidentenwahl 2020 beibehalten werden könnte. ... Für ein kleines Land wie Dänemark ist dies eine gefährliche Situation, die die Relevanz der EU unterstreicht. Nicht als Alternative zur Nato - das ist aktuell nicht realistisch - aber als politische Gemeinschaft. In der EU können wir am besten unsere Interessen wahren und Einfluss auf das Weltgeschehen nehmen. Wir sollten uns auf Brüssel fokussieren - sowohl sicherheitspolitisch als auch diplomatisch. Mit einem soliden Anker in Europa kann Dänemark den Sturm aus den USA überstehen.“
Europa könnte sich Russland zuwenden
El País macht sich Gedanken darüber, wie Trumps Kaufangebot in einer zukünftigen Geschichtsstunde behandelt werden könnte und zitiert aus einem fiktiven Lehrbuch:
„'Die Welt hielt dies für einen Scherz, aber das Lachen verstummte, als Präsident Trump erklärte, er habe mit Dänemark nichts mehr zu verhandeln, stünde Grönland nicht zum Verkauf. Kopenhagen hatte Washington bis dahin für seinen wichtigsten militärischen Verbündeten gehalten. ... Das Vertrauen brach komplett ein und Europa - das keine eigene Verteidigung aufgebaut hatte - musste sich anderen Schutz suchen.' Ende der Unterrichtseinheit. Der Schüler Juan atmet erleichtert auf. Doch fällt es ihm noch immer schwer, dem Unterricht auf Russisch zu folgen.“
Jetzt einfach auf Obama freuen
Die Dänen sollten sich nicht grämen, empfiehlt Zeit Online:
„Die Beziehung der beiden Länder (eigentlich Verbündete, Nato-Partner, Freunde sogar) dürfte eine Weile beschädigt bleiben, aber das wird schon wieder. Die Kosten und der Aufwand für die Vorbereitung des Besuchs waren für die Katz. Immerhin, Kopenhagen kann zur Ruhe kommen und sich auf einen tatsächlich willkommenen Gast vorbereiten: Für Ende September hat sich Barack Obama angekündigt. Die Spekulation einiger US-Journalisten, das könne der wahre Grund für Trumps Rückzieher sein, entbehrt nicht einer gewissen Logik. Seine berechtigte Angst wäre demnach gewesen, gut drei Wochen später von seinem Amtsvorgänger übertrumpft zu werden - mit einer sichtbar größeren, jubelnden Menschenmenge in der Stadt.“