Amazonas-Synode: Bischöfe wollen Zölibat lockern
Die Teilnehmer der Synode in Rom empfehlen dem Papst, auch Verheiratete zum Priesteramt zuzulassen. Es ist das erste Mal in der Geschichte der katholischen Kirche, dass auf offizieller Ebene eine Lockerung des Pflichtzölibats gefordert wird. Die Regel soll für die weitläufigen, abgelegenen Gebiete des Amazonas gelten, wo der Priestermangel besonders akut ist. Kündigt sich da eine Revolution an?
Günstige Gelegenheit für klugen Papst
Papst Franziskus könnte mit dem Ergebnis der Synode eine große Kirchenreform anstoßen, analysiert Der Standard:
„Auf dem Tisch liegt jetzt einmal ein Reformvorschlag, der erstaunlicherweise dem Veto aus dem konservativen Lager standgehalten hat. Das gilt es nicht kleinzureden, aber eben auch nicht überzubewerten. Die Entscheidung liegt jetzt bei Papst Franziskus. Er kann den durchaus mutigen Reformschritt vollinhaltlich aufnehmen, nur punktuell aufgreifen – oder gleich ganz verwerfen. Und so manch einer mag jetzt in Papst Franziskus einen klugen Taktierer sehen. Auf dem Weg zur Rettung des Amazonas-Gebietes auch noch gekonnt innerkirchlich heißes Eisen abzukühlen und möglicherweise gar einen gesamtkirchlichen Reformprozess anzustoßen, könnte durchaus ins Arbeitsschema dieses klugen Papstes passen.“
Nicht nur der Priestermangel ist ein Problem
Die Aufhebung des Zölibats ist überfällig, erklärt tagesschau.de:
„In der Missbrauchsstudie der deutschen Bischofskonferenz wurde der Zölibat als ein Risikofaktor für den Missbrauch von Minderjährigen durch Geistliche identifiziert. Und Jahr für Jahr verliert die katholische Kirche begabte und überzeugte Seelsorger, weil sie das Versprechen, ohne Ehefrau zu leben, nicht halten können und wollen. Von denen, die sich wegen des Zölibats erst gar nicht für das Priesteramt interessieren, ganz zu schweigen. Es gibt also viele gute Gründe, sich für verheiratete Priester einzusetzen. Der akute Priestermangel in vielen Regionen der Welt ist nur einer davon.“
Ein Geist der Kreativität zum Wohle der Kirche
Noch entscheidender als die auf der Synode diskutierten Inhalte ist für La Croix etwas Anderes:
„Das Wesentliche ist weniger die Art der Vorschläge, als vielmehr das Klima während der dreiwöchigen Synode, die es den in Rom versammelten Bischöfen erlaubt hat, sich zu Themen zu äußern, die viel zu lange tabu waren. … Ein Geist, der Kreativität fördert, um neue Antworten für das Wohl der Mission und der christlichen Gemeinden hervorzubringen. Selbst wenn dafür einige Disziplinarregeln reformiert werden müssen, wie es die Synodenväter hinsichtlich des Zugangs zum Priesteramt für das Amazonasgebiet befürworten. Über diese Vorschläge hinaus konnte sich die Weltkirche im Verlauf dieser Synode ihrer eigenen 'Biodiversität' bewusst werden: einer fragilen Vielfalt, die zu ihrem Schutz angepasste und weniger homogene Regeln braucht.“