EuGH: Kennzeichnung für Produkte aus israelischen Siedlungen
Produkte, die aus dem von Israel besetzten Westjordanland und den Golanhöhen stammen, müssen in der EU künftig als solche gekennzeichnet werden. Das entschied der Europäische Gerichtshof. Kommentatoren finden wirtschaftsrechtliche als auch ethische Argumente für diesen Schritt.
Regeln gelten auch für Israel
Die EU handelt völlig korrekt, wenn sie klare Grenzen zieht, findet El País:
„Die israelische Regierung irrt, wenn sie das Urteil als politisch motiviert und diskriminierend abstempelt. Es unterscheidet nur klar jene Produkte, die innerhalb des Staates Israel gefertigt werden und somit die in einem EU-Abkommen vereinbarten Zollpräferenzen genießen, von solchen Waren, die außerhalb dieser international anerkannten Grenzen gefertigt aber als Produkte der ersten Kategorie ausgegeben werden. ... Benjamin Netanjahus Außenpolitik wurde dieses Jahr durch Trumps Entscheidung unterstützt, die Annektierung der Golanhöhen anzuerkennen. Das bedeutet aber nicht, dass die EU diese De-facto-Politik akzeptieren muss. An die Regeln für die Etikettierung der innerhalb der EU gehandelten Waren müssen sich alle halten. Auch Israel.“
Orientierung für ethisches Handeln
Das Urteil ist richtig und hat nichts mit Diskriminierung Israels zu tun, betont das Tageblatt:
„Es mag stimmen, dass Güter, die aus anderen Gebieten stammen, die völkerrechtswidrig annektiert wurden, laut EU-Recht noch keiner besonderen Kennzeichnungspflicht unterliegen. Damit dürfte der Urteilsspruch aus Luxemburg gleichzeitig auch Auftrag an den EU-Gesetzgeber sein, dort nachzubessern. Wer will, dass diese Welt eine bessere wird, soll den Bürgern in möglichst vielen Bereichen ermöglichen, ethisch in diesem Sinne zu handeln. Wenn, wie die EuGH-Richter in ihrem Urteil erklären, dies auch über den Weg der Kennzeichnung des genauen Herkunftsorts von Waren erfolgen kann - warum nicht? Denn die Welt wird keine bessere, indem eine Besatzungs- und illegale Umsiedlungspolitik unterstützt wird.“
EU-Irrsinn den Kampf ansagen
Bild ist empört über das Urteil:
„Bei weltweit über 200 weiteren umstrittenen Gebieten ist die EU weniger engagiert. Geht es am Ende (wieder einmal) nur darum, Israel an den Pranger zu stellen? ... Und das nur wenige Tage nach dem 9. November, der in Deutschland nicht nur Jahrestag des Mauerfalls war, sondern auch der Pogromnacht 1938, in der jüdische Geschäfte zerstört wurden und die Menschenjagd losbrach. Eine Zwangskennzeichnung für israelische Produkte in Berlin, Nürnberg und München? Eine entsetzliche Vorstellung. Wenn deutsche Politiker ihre Reden gegen Antisemitismus auch nur halbwegs ernst meinen, müssen sie diesem EU-Irrsinn den Kampf ansagen.“
Gericht spielt Antisemiten in die Hände
Das an sich nachvollziehbare Urteil kann in diesem konkreten Fall unerwünschte Nebenwirkungen haben, merkt Lidové noviny an:
„Wenn Produkte aus dem Westjordanland oder aus dem Gaza-Streifen kommen und damit nicht aus dem international anerkannten Gebiet Israels, können sie nicht als israelisch gekennzeichnet werden. Klare Sache. Das Problem liegt darin, dass es Organisationen gibt, die den Verkauf von Waren aus den Siedlungsgebieten und aus ganz Israel zu blockieren versuchen, um eine Änderung der israelischen Politik gegenüber den Palästinensern zu erreichen. Diese Organisationen bedienen sich nicht selten antisemitischer Äußerungen und können jetzt besser Druck auf Importeure in den europäischen Ländern ausüben, die solchen Druck tolerieren. Man sollte den Hass gegen Juden nicht unterschätzen.“